Ostafrika: Dürren und Hungerkrisen
795 Millionen Menschen haben nicht genug zu essen. Weltweit hungert also jeder neunte Mensch. Der Kampf gegen den chronischen und akuten Hunger erleidet insbesondere durch Kriege, Naturkatastrophen und die Folgen des Klimawandels immer wieder Rückschläge - so auch derzeit am Horn von Afrika.
Faktor Klimaschwankungen
"El Niño" (der Junge) und "La Niña" (das Mädchen), so lauten die harmlos klingenden Namen für die beiden Wetterphänomene, die das Klima weltweit und insbesondere im östlichen und südlichen Afrika aus den Fugen gebracht haben. Alles andere als harmlos sind die Folgen für die Menschen am Horn von Afrika. "El Niño" verursachte 2016 in weiten Teilen Äthiopiens extreme Dürreperioden, "La Niña" sorgte kurz darauf für sintflutartige Regenfälle. Die Auswirkungen auf die Existenzbedingungen der ländlichen Bevölkerung sind katastrophal.
Im gesamten Osten Afrikas hat die Häufigkeit von Extremwetterlagen in den vergangenen Jahren zugenommen. Nicht nur die akute Mangelernährung bei mehreren Millionen Menschen im Sommer 2017 sind Folge langfristiger klimatischer und politischer Verschiebungen. Bis heute leiden die Menschen unter den Folgen der großen Hungersnot im Jahre 2011 - und sind damit umso weniger für die aktue Krise gerüstet. Auch in den darauffolgenden Jahren blieben die erhofften Regenfälle größtenteils aus, wie auch im Winter 2015/2016. Mit verheerenden Folgen: Ernten verdorrten, Brunnen fielen trocken, Vieh verendete, die Vorratsspeicher wurden größtenteils aufgebraucht. Es fehlt Saatgut für die Wiederaussaat. Als dann in Äthiopien im Frühjahr 2016 endlich der lang ersehnte Regen kam, führten Wolkenbrüche zu Überschwemmungen. Hunderte von Menschen wurden obdachlos - Kleinbauern verloren ihre Existenzgrundlagen. In Kenia setzte der Starkregen dem Vieh zu: Ziegen und Schafe, von der Dürre geschwächt, verendeten, als ein Starkregen sie unterkühlrte.
Prognosen zufolge kann "La Niña" zwei Jahre lang anhalten. Die Menschen in den Trockengebieten am Horn von Afrika sind aufgrund der verbreiteten Armut darauf nicht vorbereitet. Um das Leid der betroffenen Menschen zu lindern und sie besser für zukünftige Extremwetterlagen zu wappnen, engagiert sich Caritas international seit vielen Jahren in der Prävention gegen Dürren, Wassermangel und Hunger. Seit Beginn 2017 geinnen nun zusätzlich wieder Nothilfen an Bedeutung für diejenigen, die sofort Nahrung brauchen und nicht mehr aus eigener Kraft agieren können. Im Fokus kurzfristiger Nothilfen dre Caritas stehen immer die Schwächsten in der Bevölkerung: Kinder, Schwangere, alte Menschen und Frauen mit Kleinkindern.
Wenn Dürren auf Dürren folgen
Im Sommer 2010 spitze sich schon einmal eine Katastrophe zu, die sich bereits lange angekündigt hatte: Monatelang, teils jahrelang, war in Teilen Somalias, Äthiopiens, Kenias und anderen Ländern am Horn von Afrika der Regen ausgeblieben - mit verheerenden Folgen für die Menschen. Nachdem es ab Oktober 2011 wieder erste Regen gab und gute Ernten eingefahren werden konnten, erklärten die Vereinten Nationen die Hungerkatastrophe für beendet. Allerdings blieben die Menschen am Horn von Afrika verwundbar für Dürre, Hunger und Wassermangel.
Wann spricht wer von Hunger?
Während chronischer Hunger einen dauerhaften Zustand der Unterernährung bezeichnet, der meist im weitesten Sinne auf Armut zurückzuführen ist und rund 90 Prozent aller Hungernden betrifft, meint akuter Hunger den Zustand der Unterernährung während eines abgrenzbaren Zeitraums aufgrund von Kriegen und Naturkatastrophen. Knapp zehn Prozent aller Hungernden sind von akutem Hunger betroffen. Zumeist litten sie bereits zuvor unter chronischem Hunger. Der Nothilfebedarf für akut Hungernde wurde von den Vereinten Nationen (UN) im Jahr 2017 auf 20 Milliarden Dollar geschätzt, im Jahr 2000 waren es "nur" zwei Milliarden Dollar. Ein besonders extremer Fall der Hungerkrise ist die Hungersnot, die von den UN anhand von klar definierten Kriterien ausgerufen wird:
- Es sterben jeden Tag zwei von 10 000 Menschen
- drei Prozent der Kinder sind unterernährt
- Mindestens 20 Prozent der Bevölkerung haben keinen Zugang zu 2100 Kilokalorien täglich
Die langfristigen Hilfen
Caritas international ist am Horn von Afrika seit vielen Jahren aktiv. Viele Projekte verfolgen den Zweck, die Menschen auf die immer wiederkehrenden Dürren vorzubereiten. Im Norden Äthiopiens etwa führt Caritas mit dem Bau von Dämmen ein Wasserversorgungsprojekt durch, das die Versorgung entscheidend verbessert. In zwei Regionen finanziert Caritas den Bau von Brunnen. Ziel ist es, langfristig ein Netz der Wasserversorgung aufzubauen, das die Wasserversorgung auch in Trockenzeiten gewährleistet. Ein anderer Schwerpunkt der langfristigen Hilfe ist die Bereitstellung von dürreresistentem Saatgut, damit bei verzögerten Regenzeiten das Getreide nicht schon vor der Keimung verdorrt.
Juli 2017