„Die Situation ist hochgefährlich“
Edouard Kaldapa, Caritas Maroua aus Nordkamerun Foto: Filmstill Sebastian Haury
Wie ist die Sicherheitslage im Norden Kameruns fast zehn Jahre nach den ersten Angriffen der Boko Haram?
Eduard Kaldapa: Seit 2013 ist der Norden Kameruns wiederholten Angriffen von Einheiten der Terrorgruppe Boko Haram ausgesetzt. Die Angreifer töten Menschen, zünden Häuser an, sie zerstören das Hab und Gut der Familien. Sie stehlen das Vieh und entführen Jugendliche.
Daher sind Menschen in großem Ausmaß aus der Region vertrieben worden. Vor allem aus den Dörfern entlang der Grenze zu Nigeria sind sie geflohen, ins Innere des Landes. Die Sicherheitslage in Nordkamerun bleibt instabil. Die Menschen, gerade auch die Vertriebenen, haben große Angst vor Angriffen bewaffneter Gruppen. Viele vermissen ihre Verwandten, ihre Eltern, ihre Kinder. Sie trauen sich nicht, zurückzukehren.
Ein Vertriebener zeigt Edouard Kaldapa Fotos aus den Dörfern nahe der Grenze zu Nigeria, die von den Boko Haram in Brand gesetzt wurden.Foto: Filmstill Sebastian Haury
Wo leben die Menschen, die vertrieben wurden?
Hunderttausende Vertriebene leben in provisorischen Siedlungen, weit weg von Zuhause. Andere wurden von Gastfamilien aufgenommen. In Zamay zum Beispiel erhielten die vertriebenen Familien Zugang zu einem kleinen Stück Land. Hier haben sie ihre Unterkünfte teilweise selbst gebaut.
Viele Binnenvertriebene haben mehrere Fluchtetappen hinter sich gebracht, bevor eine Gemeinde sie aufnimmt. Dort, wo die vertriebenen Familien ankommen, sind Schulen, Gesundheitsstationen und Behörden überlastet. Die Hälfte der Kinder hat noch immer keinen Platz in einer Schule.
Wie unterstützt die Caritas die Vertriebenen?
Kurz nach Beginn der Krise haben wir ein strukturiertes Nothilfeprogramm gestartet, mit dem Unterernährung bekämpft wurde. Inzwischen arbeiten wir in verschiedenen Sektoren: Wir bieten zum Beispiel psychologische Hilfen an, vor allem für junge Frauen, und betreiben ein Projekt, das die Vertriebenen dabei unterstützt, ein kleines Einkommen zu schaffen.
Unter den Vertriebenen sind zahlreiche Kinder, Jugendliche und Frauen. Diese Situation erfordert, dass wir uns der Kinder der vertriebenen Familien annehmen. Vor allem im Bereich der Bildung, denn die ist für die Zukunft der Kinder absolut maßgeblich. Daher sorgt die Caritas in Maroua dafür, dass die Kinder in rund 50 Schulen in der Region aufgenommen werden, Jungen und Mädchen. Davon wurden und werden auch weiterhin einige Gebäude von der Caritas gebaut. Auch übernehmen wir das Schulgeld für Kinder von Vertriebenen und unterstützt sie mit Büchern.
Das Interview führte Sebastian Haury im April 2022