Kolumbien: Bevölkerung schützen
Caritas begleitet die Gemeinden bei der Umsetzung des Friedensvertrages auf lokaler Ebene.Foto: Holger Vieth, Caritas international
Mit der Unterzeichnung des Friedensvertrags im November 2016 steht Kolumbien nach über 50 Jahren Bürgerkrieg vor einem Neuanfang. Der Weg in einen dauerhaften Frieden ist jedoch trotz des Vertrags steinig. Immer wieder kommt es zu Gewalt und Morden, vor allem an Aktivisten, die sich für Menschenrechte einsetzen. In den ehemaligen FARC-Regionen ist ein Machtvakuum entstanden. Drogen- und Jugendbanden, Paramilitärs und auch ehemalige FARC-Rebellen kämpfen um Hohheit der für den Bergbau und Drogenanbau strategisch wichtigen Gebiete. Die dort lebende Bevölkerung ist sich mehrheitlich selbst überlassen, staatliche Stukturen und Institutionen sind kaum präsent.
Damit es im ganzen Land zu einem dauerhaften, stabilen Frieden kommt, ist jedoch das Engagement der Bevölkerung nötig. Das wird sie aber nur leisten, wenn sie Vertrauen in die Regierung hat, von ihr Unterstützung und Schutz bekommt. Mit Vertrauen schaffenden Maßnahmen und sichtbaren Fortschritten bei der Umsetzung des Friedensvertrages unter Einbezug der Bevölkerung kann das gelingen. Die Bevölkerung muss befähigt werden, ihre Interessen auf politischer Ebene zu vertreten. Dafür sind umfassende Kenntnisse über Rechte, politische Prozesse, den Friedensvertrag im Einzelnen und der Implementierung auf Gemeindeebene notwendig. Und nicht zuletzt müssen die Menschen lernen, was sie zur gewaltfreien Konfliktlösung beitragen können.
In den beiden Departements Nariño und Caquetá setzt Caritas in mehreren Gemeinden, in der Nähe der Übergangs- und Reintegrationszonen der FARC, verschiedene Maßnahmen zur Friedensförderung um.
Schutz der Bevölkerung
Fachkräfte unterrichten die Gemeinden und insbesondere deren Führungskräfte in geeigneten Schutzmaßnahmen vor den Gefahren der bewaffneten Akteure und stärken ihre Widerstandsfähigkeit. Ebenso werden die Gemeinden bei der Aufarbeitung des erlebten Unrechts unterstützt, beispielsweise in der Wahrheitsfindung, Versöhnung und der Vermittlung von Entschädigungen für die Opfer. Neben den bestehenden staatlichen Leistungen wird ein Fonds für die Opfer eingerichtet.
Umsetzung auf Gemeindeebene
Die Gemeinden, lokale Führungspersonen und Ortsräte wie auch soziale Organisationen erhalten bei der Umsetzung des Friedensvertrages auf Gemeindeebene eine enge Begleitung und Förderung. In entsprechenden Ausbildungen werden gemeinsam Lösungsstrategien und Entwicklungsprozesse erarbeitet. Das Ziel ist, den abstrakten und nationalen Friedensvertrag und dessen Inhalte für die Gemeinden verständlich, zugänglich und umsetzbar zu gestalten.
Oft lähmen Angst und Misstrauen das Miteinander. Darum ist es Caritas wichtig, Vertrauen zu schaffen.Foto: Holger Vieth, Caritas international
Monitoring und Lobbyarbeit
Durch Weiterbildungen werden die Gemeinden befähigt, zukünftig ein eigenständiges Monitoring durchzuführen und politische Lobbyarbeit zur Verteidigung ihrer Interessen zu betreiben.
Ziel aller Maßnahmen ist eine gewaltfreie Umsetzung des Friedensvertrages und die Aufarbeitung der Vergangenheit unter aktiver Teilnahme der Bevölkerung.
Dieses Projekt wird mit Mitteln des Auswärtigen Amts (AA) umgesetzt.
Zur Situation
Der Friedensvertrag, den die Regierung und die Guerillaorganisation FARC im November 2016 gemeinsam unterzeichneten, war ein erster Schritt zur Beendigung des über fünfzig Jahre dauernden Konfliktes. Ein Konflikt, der mehr als 220.000 Menschen das Leben kostete und mehr als sieben Millionen Menschen von ihrem Land vertrieben hat. Trotz Friedensvertrag kommt es jedoch weiterhin zu Gewalt, gezielten Morden und Vertreibungen. In den ehemaligen FARC-Gebieten entstand ein Machtvakuum, das die Regierung weder gesellschaftlich noch militärisch schließen konnte. Bewaffnete Akteure und Guerillagruppen kämpfen um die Kontrolle in Regionen, die meist strategisch wichtige Punkte im Drogenanbau und -handel sind. Die Leidtragenden sind die Bevölkerung und Aktivisten, die Menschenrechte einfordern und sich für gerechtere Landverteilung, die Interessen der Indigenen oder Umweltthemen einsetzen. Gemäß der kolumbianischen NGO Indepaz wurden 566 Aktivisten zwischen Januar 2016 und Januar 2019 ermordet. Im September 2019 verkündeten ehemalige FARC-Mitglieder, den Kampf gegen die Regierung wieder aufzunehmen.
September 2019