Syrien: Nothilfe im Kriegsgebiet
In Jabal Badro, einem Stadtteil Aleppos, hat der Krieg seine Spuren hinterlassen. Caritas-Mitarbeiter vermuten zahlreiche Minen unter den Trümmern.Carlos Rayess / Caritas international
Besonders dramatisch ist die Lage im zerstörten Stadtteil Jabal Badro, wo die Caritas bereits zwei Monate nach der Vertreibung islamistischer Rebellen durch das syrische Militär das erste Büro eröffnete. Leiterin Magda Tabbakh erinnert sich: "Zu Beginn lebten hier 300 Familien. Doch nachdem das Militär die ersten Minen geräumt hatte, sind rasch die ersten Familien zurückgekehrt." Heute sind es etwa 4.000 Familien, die auf Hilfe der Caritas angewiesen sind.
Hilfsgüter sichern seit Jahren das Überleben
Die Versorgungslage im Viertel ist nach wie vor sehr schlecht. Die Menschen leben in Ruinen, größtenteils ohne Wasser und Strom. Nahrungsmittel, Kochgeschirr, Matratzen, Hygieneartikel, Reinigungsmittel und Solarlampen erhalten sie im Warenhaus der Caritas. Wer sich im Caritasbüro registrieren lässt, bekommt einen Berechtigungsschein für die Ausgabe der verschiedenen Hilfsgüter. Dabei stehen viele vor dem Problem, dass in den Jahren der Besetzung keine Ehe registriert und keine Geburt erfasst wurde. Ohne Papiere haben diese Menschen keinen Anspruch auf die Nothilfe. Sie wenden sich an die Rechtberatung der Caritas, wo ihnen die Mitarbeitenden bei der Beschaffung fehlender Ausweispapiere helfen.
Meist sind es die Alten oder die Kinder, die bei der Lebensmittelverteilung in Aleppos Stadtteil Jabal Badro die Ration für die nächsten Tage abholen.Carlos Rayess / Caritas international
Jeden Nachmittag verteilen die Caritasmitarbeitenden im Zentrum des Stadtteils Brot. Hunderte Frauen und Kinder stellen sich bei der Ausgabe an und warten geduldig auf ihre Ration. Dafür benötigen sie Lebensmittelkarten, die sie im Caritasbüro erhalten. "Die Menschen sind dringend auf diese Unterstützung angewiesen, denn es gibt kaum Arbeit. Wer Glück hat, ergattert zum Beispiel einen Gelegenheitsjob als Haushaltshilfe. Ansonsten bleibt ihnen nur, durch Sammeln von Plastik und Metallen ein paar syrische Pfund zu verdienen", erzählt Magda Tabbakh.
Kinder sichern durch ihre Arbeit das Überleben von Familien
Besonders häufig sind es Kinder, die Rohstoffe einsammeln. Die Schule des Stadtteils wurde im Krieg zerstört. "Selbst wenn es Unterricht gäbe, würden viele Eltern ihre Kinder vermutlich nicht hinschicken", schätzt Magda Tabbakh die Situation ein, "denn jede Hand muss anpacken, um das Überleben der Familie zu sichern". Wer im Krieg sein Leben retten konnte, hat meist alles Hab und Gut verloren. Fürs Renovieren einer Wohnung oder den Wiederaufbau eines Hauses fehlt den Menschen das Geld. Sie haben wenig Hoffnung für die Zukunft. Viele leiden unter Schlafstörungen, Angstzuständen und Traumata. Um sie psychisch zu unterstützen, bietet die Caritas psychosoziale Beratung an und organisiert zum Beispiel Ausflüge und Treffen für Kinder, Jugendliche und Senioren.
Hoffnungslosigkeit liegt wie ein Schleier über den Menschen in Jabal Badro und den anderen schwer zerstörten Stadtteilen Aleppos. Magda Tabbakh und ihre Kolleginnen erleben das jeden Tag und sind sich einig: "Wir hoffen, den Menschen hier noch lange unsere Hilfe anbieten zu können. Sonst wissen sie gar nicht mehr, wie es weitergehen soll."