Im Fokus: Binnenvertreibung
Spenden für "Binnenvertriebene weltweit"
Caritas international
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Spenden für "Binnenvertriebene weltweit"
Die Mehrheit der Menschen, die gezwungen sind zu fliehen – vor Gewalt, bewaffneten Konflikten, Menschenrechtsverletzungen, Naturkatastrophen oder klimatischen Veränderungen – flieht nicht nach Deutschland, nicht nach Europa und noch nicht einmal in ein Nachbarland. Sie sind Flüchtlinge im eigenen Land, sogenannte Binnenvertriebene. Sie werden nicht als Flüchtlinge anerkannt, da laut Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nur als Flüchtling gilt, wer eine internationale Grenze übertritt.
Für etwa 45 bis 50 Millionen Menschen bedeutet das eine große Unsicherheit. Millionen von ihnen leben derzeit entrechtet als Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse in ihrem eigenen Herkunftsland. Um ihre Situation zu verbessern, braucht es einen verbindlichen Schutzstatus, der dem der Genfer Flüchtlingskonvention vergleichbar ist. Denn ohne rechtliches Abkommen gibt es keine Schutzgarantien, keine Rechte und keine Hilfen. Politik und internationale Institutionen verschließen zu häufig die Augen. Caritas international engagiert sich in derzeit 17 Ländern für Binnenvertriebene und hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Öffentlichkeit über das Schicksal dieser Menschen zu informieren.
Denn je besser wir das Schicksal dieser beinahe vergessenen 45 Millionen Menschen kennen, desto besser können wir helfen.
Grafik: Caritas international
Die hier abgbildeten Texte finden Sie auch in unserer neuen Broschüre Auf der Flucht im eigenen Land aus der Reihe IM FOKUS
Sie möchten die Broschüre als gedrucktes Exemplar? Schreiben Sie uns die gewünschte Stückzahl und Ihre Adresse an ci-spenderbetreuung@caritas.de
Aus völkerrechtlicher Sicht muss man zwischen denen, die innerhalb ihres Heimatlandes fliehen, denjenigen, die aus ihrem Herkunftsland fliehen müssen und jenen, die "freiwillig" in ein anderes Land reisen, unterscheiden. Die Unterschiede zwischen diesen Begrifflichkeiten zu verstehen, ist allerdings kompliziert und die Grenzen im Sprachgebrauch oft fließend beziehungsweise vielen unklar. Beispielsweise verwenden einige Engagierte (auch wir) oft den Bereich "Geflüchtete". Dieser Begriff ist jedoch nicht rechtlich verankert. Nach offiziellen Kategorien, beispielsweise wie der des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen UNHCR, muss grundlegend zwischen Binnenvertriebenen, Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migant*innen unterschieden werden.
Binnenvertriebene: Einer der Hauptgründe, warum Menschen Humanitäre Hilfe benötigen, ist, weil sie aus ihrem Heimatort, oder -land fliehen mussten oder vertrieben wurden - meistens aufgrund gewalttätiger Konflikte, Kriege oder Naturkatastrophen und extremen Klimaveränderungen. Die Anzahl der Vertriebenen hat sich in den vergangenen 25 Jahren verdreifacht. Doch es ist noch ein weiterer "Trend" zu erkennen: Vor 25 Jahren überschritten das Groß der Vertriebenen die Grenzen ihres Heimatlandes - und wurden damit zu Flüchtlingen. Heute hingegen sind weit mehr Menschen innerhalb der Grenzen ihres Herkunftslandes auf der Flucht: Sie lassen sich in einem anderen Teil des Landes nieder, manche finden bei Verwandten oder Freunden Unterschlupf, andere landen in großen Lagern oder ziehen in die Slums größerer Städte. Sie sind also Flüchtlinge im eigenen Land, oder sogenannte Binnenvertriebene (Englisch: Internally displaced people, IDPs). 1995 gab es weltweit 18,1 Mio. Flüchtlinge und 4,3 Mio. Binnenvertriebene. Im Jahr 2019 waren es weltweit 26 Mio. Flüchtlinge und 45,7 Mio. Binnenvertriebene (The New Humanitarian). Binnenvertriebene machen heute demnach Zweidrittel der Vertriebenen aus.
Flüchtlinge: Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 definiert, was der Begriff "Flüchtling" bedeutet: Demnach werden Flüchtlinge zur Flucht gezwungen und befinden sich außerhalb der Grenzen des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen. Sie können nicht in ihr Heimatland zurück. Ihr eigener Staat kann (oder will) sie nicht mehr schützen; im Gegenteil: es besteht eine "begründete Furcht", dass sie dort schwerwiegen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt sind. Zu diesen Gefahren gehören laut Flüchtlingskonvention: Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen politischer Überzeugungen.
Migrant*innen hingegen verlassen ihre Heimat aus eigenem Antrieb - meistens verbunden mit dem Wunsch, ihre oft prekäre wirtschaftliche und von humanitärer Not geprägte Lebenssituation zu verbessern.Im Unterschied zu Flüchtlingen könnten Migranten ohne Gefahr für Leib und Leben in ihre Heimat zurückkehren.
Diese unterschiedlichen Schicksale und Beweggründe wirken sich auf die rechtliche Stellung von Flüchtlingen und Migrant*innen im jeweiligen Ankunftsland aus: In Bezug auf Migranten sind Staaten weitestgehend frei, über die Aufnahme zu entscheiden. Bei Flüchtlingen sind sie allerdings durch internationale Abkommen wie die Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet, Schutz zu garantieren. Flüchtlinge haben Anrecht auf Asyl im jeweiligen Aufnahmeland.
Asylsuchende sind Flüchtlinge, die in einem anderen Land um Schutz vor Verfolgung oder Gewalt ersuchen. Mit Hilfe eines "Asylverfahrens" wird festgestellt, wer ein Flüchtling ist - also nicht in sein Heimatland zurückkehren kann, weil er oder sie akut bedroht ist - und wer nicht. Das Asylverfahren von "Asylsuchenden" ist noch nicht abgeschlossen.
Binnenvertriebene können aus den gleichen Gründen wie Flüchtlinge geflohen sein, allerdings sind sie dabei in ihrem Herkunftsland geblieben und damit den Gesetzen ihres Staates nach wie vor verpflichtet. Binnenvertriebene sind stark gefährdet, denn sie sind weiterhin auf Schutz und Unterstützung in ihrem eigenen Land angewiesen - doch häufig sind die Staaten dazu nicht in der Lage oder nicht bereit. Flüchtlinge außerhalb ihres Heimatlandes genießen einen Schutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention - beispielsweise kann hier das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR aktiv werden. Befinden sich die Geflüchteten jedoch in ihrem eigenen Land, ist die rechtliche Lage unsicher. Es liegt an ihrer Regierung, welches Maß und welchen Schutz sie sich erhoffen können. Oftmals werden sie weitestgehend sich selbst überlassen, weswegen ihnen brutale Übergriffe, sexuelle Gewalt und andere Menschenrechtsverletzungen drohen.
Gerade in den ethnisch oft sehr heterogenen Ländern Afrikas, aber auch anderswo, kommt es häufig zu ethnischen Konflikten. International ist der Status der Binnenvertriebenen weitgehend ungesichert. Ende 2005 haben sich die Vereinten Nationen und andere Organisationen auf einen besser koordinierten und umfassenderen Ansatz zum Schutz von Binnenvertriebenen geeinigt. Allerdings gibt es nach wie vor keine spezielle UN-Organisation oder einen Regelkatalog für den Schutz Binnenvertriebener. Diese Aufgaben teilen sich unterschiedliche humanitäre Organisationen, so wie Caritas international.
Caritas international arbeitet in sehr vielen Ländern, in denen Menschen auf der Flucht sind: in Syrien, Afghanistan, Nigeria, Kamerun und im Tschad, in Mali, im Südsudan, in Kolumbien und in der Ukraine, um nur einige Beispiele zu nennen. Aktuell unterstützt Caritas 34 Projekte mit Binnenvertreibungs-Kontext, in 17 Ländern. Die Programme reichen dabei von der akuten Nothilfe bis zur Unterstützung bei der Rückkehr in die Heimat - selbstverständlich nur dann, wenn die Lage vor Ort es zulässt und die Vertriebenen sich die Rückkehr zutrauen.
Die Hilfe vor Ort richtet sich immer nach den Bedürfnissen der Betroffenen. Oftmals geht es darum, Nahrungsmittel und Hygieneartikel zu verteilen, oder den Ausbau von Wasserversorgung, Sanitäreinrichtungen und Notunterkünften vorantreiben. Immer wieder bietet die Caritas auch psychosoziale Unterstützung an, die den Betroffenen hilft, Traumata zu überwinden. Wichtig ist der Caritas dabei, dass nicht nur den Vertriebenen geholfen wird, sondern auch den gastgebenden Gemeinden. Denn oft geht es den Menschen, die die Geflüchteten aufnehmen, nicht viel besser als den Menschen, denen sie Zuflucht gewähren. Konflikte um knappe Ressourcen können aber oft vermieden werden – beispielsweise durch Friedensarbeit und Dialogangeboten.
Caritas international arbeitet im Fluchtkontext eng mit lokalen Caritas-Organisationen und anderen Partnern vor Ort zusammen. Dadurch sind die Mitarbeitenden oft bereits vor Ort, wenn es zu einer Vertreibungskrise oder -katastrophe kommt. Das ist ein großer Vorteil. Unsere Partner kennen die örtlichen Gegebenheiten und die Bedürfnisse der Bevölkerung. Und sie genießen das Vertrauen der Menschen. Zudem sind wir in viele internationale Netzwerke eingebunden. All das hilft, schnell, bedarfsgerecht und nachhaltig Hilfe für Binnenvertriebene zu leisten und auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen.