Flucht und Vertreibung in Zahlen
Im Tschad mit seinen knapp 16 Millionen Einwohnern halten sich aktuell 484.000 Flüchtlinge auf, vor allem aus der sudanesischen Provinz Darfur und der benachbarten Zentralafrikanischen Republik (ZAR). Hinzu kommen 336.000 Binnenvertriebene (Vertriebene im eigenen Land). Sie leben derzeit vor allem am Tschadsee, auf der Flucht vor Krieg und Terror. Des Weiteren sind zirka 70.000 sogenannte "Rückkehrer" aus der ZAR (Nachkommen tschadischer Migranten, die im Bürgerkrieg 2013 die ZAR verließen) von Staatenlosigkeit bedroht.
388.000 Menschen im Land sind von den Überschwemmungen im Sommer und Herbst 2020 betroffen, darunter zahlreiche Begünstigte unserer Projekte am Tschadsee. Neun von zehn der Begünstigten, die in der Landwirtschaft tätig sind, haben ihre Ernten verloren. Die staatliche Gegenoffensive nach dem verheerenden Angriff von Boko Haram auf Militärs in Boma, einer Halbinsel im Tschadsee nahe an Nigeria, forderte im März 2020 zirka einhundert Todesopfer. Sie löste neue Fluchtbewegungen in der gesamten Tschadsee-Region aus.
Vertreibung und Nahrungskrisen als Folge von Terror
In Nordkamerun hält die Eskalation des Konflikts ebenfalls weiter an. Die islamistische Terrormiliz Boko Haram fährt eine Strategie der Gebietsgewinne. Die Milizen vertreiben gezielt ganze Dörfer, zerstören Häuser, plündern, entführen. Teile der Region sind nicht mehr unter der Kontrolle der Zentralregierung. Bauern werden bei der Arbeit auf dem Feld ermordet, Kinder und Frauen entführt. Entsprechend groß ist der Bedarf nach Nahrungsmittelhilfen und anderer humanitärer Hilfe.
Durch den Terror kommen täglich viele neu Vertriebene in den Caritas-Projektgebieten rund um den Tschadsee an. Neue Vertriebenen-Camps entstehen in Mokolo, Kolofata, Mora, Mozogo, Moskota. Vereinzelt sind auch Opfer des Gewaltkonflikts in der anglophonen Region Kameruns in den Norden des Landes geflohen und werden dort von unseren Projekten mit unterstützt.
Stand November 2020 sind in Nordkamerun 322.000 Binnenvertriebene und 114.000 Flüchtlinge aus Nigeria. In der anglophonen Region sind um die 700.000 weitere Binnenvertriebene auf der Flucht.
Die Ernährungslage ist katastrophal, ein Drittel der Bevölkerung des Tschad ist ernährungsunsicher, dreizehn Prozent leiden an Unterernährung (Global Acute Malnutrition) [5]. Ähnliche prekär gestaltet sich die Lage in Nordkamerun.
Volker Gerdesmeier, Leiter des Referats Afrika bei Caritas international
[5] Humanitarian Needs Overview 2020