Senegal: Mit dem Klimawandel leben
Klimawandel im Konfliktgebiet
Die Casamance, der südliche Teil des Senegal, ist durch das Land Gambia vom Norden geografisch abgeschnitten. Eine Enklave, wie die Bewohner der Casamance sagen. Die Region gehört zu den benachteiligten Gebieten des afrikanischen Kontinents. Sie ist reich an Ressourcen, aber die Menschen sind arm, viele Straßen holprig, nur wenige Dörfer sind an die Elektrizität angeschlossen.
Der Gesundheitsposten in dem Dorf Laty ist ausgebrannt. Die Ruine erinnert an den bewafffneten Konflikt in der Casamance.Fabrice Taurines
Eine Demonstration in der Verwaltungshauptstadt Ziguinchor im Jahre 1982 gegen die empfundene Ungerechtigkeit wurde vom senegalesischen Militär gewaltsam niedergeschlagen. Die Frustration, die sich bei der Bevölkerung angesammelt hatte, war groß. An diesem Tag schien nur noch eine Lösung zu geben: die Unabhängigkeit. Damit war eine militante Widerstandsbewegung in der Casamance geboren. Gut 35 Jahre dauert der kriegerische Konflikt zwischen dem senegalesischen Staat und den längst zersplitterten Fraktionen der Widerstandbewegung (MFDC) an.
Flucht und Vertreibung
Nachdem die Befreiungsbewegung MFDC ab 1982 in der Casamance zu den Waffen griff, flohen rund 250.000 Menschen. Antipersonenminen spielten in der Kampfstrategie eine folgenschwere Rolle. Sie legten das Leben in der Casamance über Jahre hinweg lahm. Verminte Reisfelder und Obstgärten sind teilweise bis heute der Schrecken und das Grauen für die Familien, die ihre Angehörigen verloren haben. Und für alle, denen durch die Minen eine starke Behinderung zugefügt wurde. Zudem ist die Angst, bei der Ernte auf eine Mine zu treten, ein bleibender Alptraum, wenngleich Reisfelder und Obstgärten inzwischen dank internationaler Programme weitgehend minenfrei sind.
Wer zurückkehrt, den erwartet Arbeit
Inzwischen sind die meisten Regionen befriedet und werden vom senegalesischen Militär kontrolliert. Ende der 1990er Jahre kehrten die ersten Binnenvertriebenen zurück in ihre Dörfer.
Doch viele, die über die Grenze nach Guinea-Bissau oder nach Gambia geflohen waren oder in den provisorischen Siedlungen am Rande der Stadt Ziguinchor ein Auskommen suchten, fanden erst kürzlich den Mut, in ihre Herkunftsdörfer zurückzukehren. Einige Landgemeinden sind bis heute verlassen und kleinere Gebiete werden nach wie vor von Widerstandskämpfern kontrolliert.
Es ist nicht einfach, in ein über Jahre oder gar Jahrzehnte verlassenes Dorf zurückzukehren. Nicht nur, weil Häuser ausgebrannt wurden oder inzwischen zerfallen sind. Auch die Infrastruktur ist zusammengebrochen: Brunnen, Gesundheitsposten, Straßen, Schulen, Getreidemühlen: All das gibt es nicht mehr. Die traditionellen Fischteiche und Reisfelder, die wichtigste Produktionsgrundlage für die Dorfbevölkerung, sind vielerorts weitflächig zerstört, versalzen, vertrocknet.
"Wir sind müde vom Krieg", hört man allenthalben. Die Mehrheit der Bevölkerung ist längst überdrüssig der Enttäuschungen der vielen Jahre. Seit rund vier Jahren hat sich die politische Situation allerdings deutlich entspannt. Die Sicherheitslage vor allem. Was den Menschen Sorge bereitet, ist der Klimawandel, die viel zu spät einsetzenden Regenfälle und der steigende Salzgehalt im Boden. Dabei hat der Konflikt und die Vertreibung dazu geführt, dass die schützenden Deichsysteme weithin zerstört wurden. Umso mühsamer ist der Wiederaufbau.
sterbender Mangrovenbaum im Vordergrund - Dorfkomitee bei der Inspektion eines Deiches im HintergrundFabrice Taurines
Mit dem Frieden keimt Hoffnung
Die Caritas Ziguinchor fördert mit ihrem Programm zur Sicherung der Ernährungsgrundlagen und Gesundheit die Dorfentwicklung in ehemals verlassenen Landgemeinden. Damit wird vor allem eine Bleibeperspektive geschaffen.
Dank eines Programms zur Anpassung an den Klimawandel mit Gemüsegärten, Reisanbau und Fischzucht sowie zur Förderung der Gesundheit durch Brunnenbau, Latrinenbau und Gesundheitsseminaren wächst der Zusammenhalt der Landgemeinden. Die neuen Häuser, die derzeit zum Beispiel in Laty, in Enampor, Kaguitte und Youtou gebaut werden, zeugen von der Hoffnung auf Frieden.
In der Gemeinde Laty hat der Caritas Mitarbeiter eine Dorfversammlung einberufen. Der Mauer für den Latinen ist da, die Dorfältesten, die der Wiedergewinnung von Land für den Reisanbau zugestimmt haben, die Frauengruppe, die nun einen Gemüsegarten betreibt. Heute geht es um die Planung der Pflanzsaison 2020 mit verbesserten Reissorten. Fast alle hier sind ehemals Vertriebene, fast alle sind erst vor wenigen Jahren oder Monaten zurückgekehrt.Fabrice Taurines
Grenzüberschreitend denken und handeln
Auf der anderen Seite der Grenze, in Guinea Bissau, ist die Caritas gleich mit fünf Partnern vertreten. Die ebenso armen Landgemeinden in Guinea-Bissau hatten über Jahrzehnte die Flüchtlinge aus der Casamance aufgenommen. Sie haben ähnliche Probleme mit dem Klimawandel, dem Salz, den Deichen und der Gesundheitslage. Daher arbeitet das Projekt grenzüberschreitend.
Gefördert wurde das Programm über sechs Jahre (2014 bis 2019) mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Weiterhin wird die Caritas Ziguinchor von Caritas international unterstützt, um die Arbeit in den Landgemeinden weiterführen zu können.
Januar 2020