#EineMillionSterne
Im Fokus: Mexikos Jugend erhebt sich gegen die Gewalt - Ein Zeichen der Hoffnung
Samstagvormittag im Caritas-Zentrum: Der Raum füllt sich mit Leben. Fünfzehn junge Frauen und Männer treffen sich hier regelmäßig. Was sie verbindet? Sie alle haben Gewalt erlebt - in der Familie, in der Schule oder auf der Straße.
"Ich heiße Mili", sagt eine Jugendliche mit fester Stimme. Ihr Schlafzimmer liegt direkt am Eingang ihres Hauses - lange Zeit fühlte sie sich dort sicher. Doch eines Abends änderte sich alles: Unbekannte eröffneten das Feuer, Kugeln durchschlugen das Fenster ihres Zimmers. "Ich dachte, ich sterbe." Später stellte sich heraus: Die Täter hatten sich im Haus geirrt - das eigentliche Ziel war das Nachbarhaus. Zwei Wochen danach kehrten sie zurück und griffen die Nachbarn an. Seitdem leidet Mili unter schweren Schlafstörungen.
Gewalt in Mexiko: Eine erschütternde Realität
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Über 30.000 Morde im Jahr 2024, dazu fast 14.000
Vermisst! Angehörige tragen die Fotos ihrer vermissten Ehemänner, Söhne, Väter, Brüder und Schwestern auf ihrem Sweatshirt. Foto: Ivan Santos Girón / Caritas international
Menschen, die gewaltsam verschwunden sind. Betroffen sind vor allem Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 30 Jahren. Hinter den Taten steckt häufig das organisierte Verbrechen: Drogenkartelle, bewaffnete Banden und korrupte Strukturen. Wer zur falschen Zeit am falschen Ort ist, wird leicht zum Opfer. Strafverfolgung? Kaum, denn Polizei und Justiz sind vielerorts machtlos oder selbst Teil des Problems.
Junge Stimmen gegen das Schweigen
Doch nicht alle ergeben sich der Angst. "Wir erleben Gewalt überall, ständig und zu jeder Tageszeit", sagt die 21-jährige Myria. "Wir wollen uns davon nicht lähmen lassen. Wir müssen Wege finden, uns zu schützen - und trotzdem weiterzumachen."
Im Caritas-Zentrum begegnet sich eine neue Generation des Widerstands: Jugendliche und junge Erwachsene, die sich aktiv gegen Gewalt engagieren. In Schulungen und Workshops lernen sie, Gewalt in all ihren Formen zu erkennen - und ihr mutig entgegenzutreten. Sie reflektieren ihre Gefühle, entdecken ihre Stärken und entwickeln Methoden, um andere zu unterstützen.
„Meine Eltern sollen sehen, dass ich alles erreichen kann – sehr glücklich sein“, hat diese Jugendliche auf das Poster mit ihrem „Lebensplan“ geschrieben. Ziel des Caritas-Seminars ist, Jugendlichen zu helfen ihre Fähigkeiten zu entdecken und Perspektiven für ihre Zukunft zu entwickeln. Foto: Gerardo Jimenez / Caritas international
Mexiko und der Drogenhandel: Ein gefährliches Netz
Mexiko ist eine zentrale Drehscheibe des weltweiten Drogenhandels. Für den illegalen Kokainhandel ist es die letzte Station auf der Route von Kolumbien, Peru oder Bolivien in die USA. Gleichzeitig gehört Mexiko neben China zu den weltweit größten Produzenten und Lieferanten von Methamphetamin und Fentanyl.
Die Friedens-Zirkel der Caritas helfen jungen Menschen, Strategien für die gewaltfreie Lösung von Konflikten zu entwickeln. Die Nachfrage nach dieser Form der praktischen Hilfe ist groß. Foto: Gerardo Jimenez / Caritas international
Bildung als Schlüssel zum Wandel
Die Caritas macht junge Menschen stark: Fachkräfte der Caritas bereiten sie gezielt auf ihre Rolle als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren vor. Sie lernen, Workshops zu gestalten, Jüngere und Gleichaltrige zu motivieren und Konflikte in ihren Familien, in der Nachbarschaft oder in der Schule friedlich zu lösen - ohne Geschrei oder Prügeleien.
Das Ziel ist klar: Eine gewaltfreie Gesellschaft, aufgebaut auf gegenseitigem Respekt, Mitgefühl und Dialog. Die Veränderung beginnt bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst - von unten, von innen, von jung zu jung.
Der Lebensplan: Perspektiven statt Perspektivlosigkeit
Ein zentraler Bestandteil der Ausbildung ist die Entwicklung eines persönlichen Lebensplans. Die Jugendlichen setzen sich intensiv mit ihren Stärken und Schwächen auseinander, entdecken verborgene Begabungen und arbeiten an ihren Zukunftsperspektiven.
Denn wer einen klaren Lebensentwurf vor Augen hat, hat bessere Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben - mit legalem Einkommen, frei von Sucht und in einem Umfeld des Friedens und der Stabilität.
Die Caritas-Jugend organisiert Turniere, Friedensläufe und mehr. Foto: Gerardo Jimenez / Caritas international
So hilft die Caritas
In vielen Gemeinden organisieren sich Jugendliche, junge Erwachsene und ihre Familien in Gruppen und unter der Leitung von lokalen Caritas-Mitarbeitenden. Denn der Zusammenhalt in der Gemeinschaft stärkt und schützt die Einzelnen. Die Angebote der Caritas vor Ort reichen von Seminaren zur Angst- und Stressbewältigung für Jugendliche, über Friedenszirkel, Frauengruppen zum Thema sexualisierte Gewalt bis hin zur Begleitung und Beratung von Menschen, die direkt oder indirekt Opfer von Gewalttaten wurden. An Tatorten der Gewalt feiern die Gemeindemitglieder "Straßen-Gottesdienste". Mitarbeitende der Caritas begleiten und unterstützen die Betroffenen in ihrer Trauer.