Aufruf zivilgesellschaftlicher Gruppen an das Finanzministerium
Berlin, 26.3.2009 - 17 Organisationen der deutschen Zivilgesellschaft überreichen heute um 14.00 Uhr der Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen, Nicolette Kressl, einen Aufruf zur konsequenten Austrocknung von Steueroasen. Die durch den zunehmenden Druck nicht zuletzt seitens der Bundesregierung erreichten Zugeständnisse von Steueroasen wie Liechtenstein und der Schweiz seien begrüßenswert, aber längst noch nicht ausreichend.
"Die Finanzkrise hat in dramatischer Zuspitzung deutlich gemacht, in welchem Ausmaß Gesellschaften weltweit ökonomisch und sozial von der Intransparenz und Regellosigkeit der globalen Finanzmärkte bedroht sind", heißt es in dem Aufruf. Steueroasen unterstützen Finanzmarktakteure nicht nur bei der Minimierung ihrer Kosten, sondern auch bei der Verschleierung von Risiken und der Umgehung nationaler Aufsichtsregeln. Sie tragen deshalb eine Mitschuld an der derzeitigen Krise. Sie helfen überdies bei der Steuer- und Kapitalflucht aus Industrie- und Entwicklungsländern mit katastrophalen Folgen für öffentliche Haushalte und Armutsbekämpfung und leisten zudem Beihilfe zur Korruption.
Liechtenstein, die Schweiz und mehrere andere Steueroasen wollen künftig lediglich auf gezieltes Ersuchen von Steuerfahndern Auskunft über Steuerflüchtlinge erteilen. Dazu muss jedoch bereits ein konkreter Verdacht vorliegen. "Das sind Beruhigungspillen, mit denen sich die Bundesregierung nicht zufrieden geben darf", erklärte Georg Stoll, Entwicklungsexperte von Misereor und Vorstandsmitglied im Netzwerk für Steuergerechtigkeit. "Auf diese Weise erfahren die Aufsichts- und Steuerbehörden nur in Ausnahmefällen, wohin unversteuertes Geld abfließt und wo sich Risiken konzentrieren. Ärmere Länder mit noch viel geringeren Kapazitäten für die Steuerfahndung haben von solch einer Regel so gut wie gar nichts."
Als zentrale Maßnahme aus einem Bündel von acht Punkten fordern die Organisationen der Zivilgesellschaft deshalb einen automatischen Informationsaustausch zwischen nationalen Steuerbehörden - so wie er bereits im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie erfolgreich praktiziert wird. Weitere Maßnahmen sind die Unterstützung der Entwicklungsländer im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Korruption, die internationale Kooperation möglichst auf Eben der Vereinten Nationen, nach einzelnen Ländern aufgeschlüsselte Rechnungslegungsstandards für Unternehmen sowie Auflagen für Banken und sonstige Unternehmen, sich im Gegenzug für öffentliche Unterstützung aus Steueroasen zurückzuziehen oder zumindest ihre Geschäftsbeziehungen mit diesen vollkommen offenzulegen.
Den Aufruf unterzeichnet haben folgende zivilgesellschaftliche Organisationen und Personen:
- Attac-Deutschland
- Bündnis erlassjahr.de
- Brot für die Welt
- Deutsche Welthungerhilfe (Kontakt: Ulrich Post)
- Deutscher Caritasverband / Caritas international
- Deutscher Naturschutzring
- Evangelischer Entwicklungsdienst
- Germanwatch
- Global Policy Forum Europe
- Institut Südwind
- Misereor (Kontakt: Georg Stoll)
- Netzwerk Steuergerechtigkeit
- Oxfam Deutschland
- Transparency International Deutschland
- urgewald
- Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di
- weed - Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung
- Wolfgang Rode, Vorstandsmitglied der IG Metall
- Horst Schmitthenner, IG Metall Verbindungsbüro soziale Bewegungen
- Hans-Jürgen Urban, Vorstandsmitglied der IG Metal
Den vollständigen Text finden Sie hier.4
Für Rückfragen: Georg Stoll, 0179/4585 888 oder Nicola Liebert, 030/7846 207.