Flüchtlingshilfe - mit Blick für den Menschen
Allein der Libanon und Jordanien, wo Caritas mit insgesamt zwölf Flüchtlingszentren vertreten ist, haben bisher etwa Dreiviertel dieser Flüchtlinge aufgenommen. Täglich kommen tausende Neuankömmlinge dazu. Es ist nur schwer vorstellbar, welch enormen Kraftaufwand die Kollegen und Kolleginnen der Caritas Jordanien und Libanon seit Monaten zu bewältigen haben, um dem Zustrom an Flüchtlingen aus Syrien gerecht zu werden, ohne dabei den Blick für den Einzelnen zu verlieren. Denn viele der ankommenden Flüchtlinge sind verletzt oder von ihren Erlebnissen in Syrien und während der Flucht schwer traumatisiert. Die allermeisten mussten alles zurücklassen, nicht selten auch Familienmitglieder, die Opfer der Gewalt in Syrien wurden. „Wir sind den ganzen Weg von Homs bis hierher zu Fuß gelaufen“, berichtet eine 47-jährige Mutter von sechs Kindern. Unterwegs waren sie nur nachts, um nicht von den Regierungsgruppen entdeckt zu werden.
Profis und Freiwillige arbeiten gemeinsam
Team von Mitarbeitern und freiwilligen Helfern der Caritas Jordanien Foto: Caritas international
Um überhaupt den Überblick behalten zu können, erfasst Caritas die Neuankömmlinge in einer Datenbank und ermittelt anhand verschiedener Kriterien den Bedarf sowie den Grad der Bedürftigkeit. Dieser richtet sich mitunter danach, ob es Familienmitglieder mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten gibt, ob besondere Armut in der Familie herrscht oder wie viele minderjährige Kinder zu versorgen sind. Da die Caritas bewusst nicht in den großen Flüchtlingscamps arbeitet, wo man zum Teil menschenunwürdige Verhältnisse vorfindet, besteht die Arbeit der Mitarbeiter/innen insbesondere darin, die Menschen bei der Suche nach einer Unterkunft zu unterstützen, Mietbeihilfen zu leisten, die medizinische Versorgung sicherzustellen und Gutscheine auszugeben, mit denen Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarf gekauft werden können. Die Herausforderungen sind immens.
„Wir haben 137 Angestellte, aber 1.400 Freiwillige“, sagt Dana Shahin von der Caritas Jordanien. Die Freiwilligen sind für die Versorgung der Flüchtlinge von unschätzbarem Wert. Wala, Jamil (beide 23) und Majid (24) studieren an verschiedenen Universitäten in Jordanien. Seit Beginn der Flüchtlingskrise haben sie aber noch eine andere Aufgabe übernommen: Mindestens zweimal die Woche arbeiten sie bis zu fünf Stunden bei der Caritas. Im Flüchtlingszentrum in Madaba südlich von Amman helfen sie zum Beispiel bei den täglichen Verteilungen. „Es ist das Beste, ein Kind lächeln zu sehen, dem man geholfen hat“, sagt Jamil. Neben der materiellen Hilfe leisten die Freiwilligen aber einen vielleicht noch wertvolleren Dienst. Sie sind es, die sich trotz der Berge noch zu bewältigender Arbeit die Zeit nehmen, den Menschen zuzuhören, ihnen Mut zu machen und ihnen das Gefühl zu geben, mit ihrem Schicksal nicht allein zu sein.
Flüchtlinge helfen Flüchtlingen
Doch unter den Freiwilligen gibt es auch solche, die das Leid und die Not eines Flüchtlings aus eigener Erfahrung kennen. So zum Beispiel die 20-jährige Rahaf, die selbst Ende 2012 aus Syrien geflohen ist. Die Caritas hat ihr geholfen, und nun hilft sie als Freiwillige bei der Caritas mit, die syrischen Flüchtlinge im Caritas-Zentrum in Zarqa im Norden des Landes zu betreuen. Sie leitet die Frauen in der Lehrküche des Zentrums an oder unterrichtet syrische Kinder in Arabisch, die aus verschiedenen Gründen nicht zur Schule gehen können. „Die Menschen freuen sich, wenn sie auf jemanden treffen, der das gleiche Schicksal erlitten hat wie sie und der aus dem gleichen Land kommt“, sagt Rahaf.
Rahaf, eine sehr geschätzte Helferin, sowohl beim Caritas-Team in Zarqa als auch bei den Flüchtlingen
Und noch etwas verbindet die junge Frau mit den meisten Flüchtlingen: Sie ist Muslimin – wie ein Großteil der syrischen Bevölkerung. Für die Arbeit bei der katholischen Caritas hat sie sich ganz bewusst entschieden: „Hier werden die Menschen ganz in den Blick genommen. Es gibt einen besonderen Geist und eine besondere Motivation, den Menschen zu helfen“, erklärt Rahaf und strahlt aus ihren dunklen Augen.
Die Menschen ganz in den Blick nehmen, das macht die Caritas-Arbeit für die syrischen Flüchtlinge aus. Dies macht Hoffnung, das zu verwirklichen, was auf einem Plakat im Flüchtlingszentrum in Zarqa steht: „Be a volunteer – together we can change the world.“ – „Werde Freiwilliger – gemeinsam können wir die Welt verändern.“
Linda Tenbohlen, März 2013