„Ich baue mir meine Zukunft selber auf“
Daniel Bakomba möchte Elektriker werden.Caritas international
Als Elektriker will ich mein eigenes Geld verdienen
„Ich heiße Daniel Ezobola Bakomba, bin 18 Jahre und habe eine Schwester und einen Bruder. Mein Vater war Geschäftsmann und ging Pleite, meine Mutter, die sich um uns gekümmert hat, lebt vom Handel mit Bananen. Unsere Eltern sind seit einigen Jahren getrennt.“
Daniel ist ein zarter Typ. Kommunikativ, pragmatisch und ausdauernd. Mit seinen Mitschülern versteht er sich sehr gut. „Die Schule musste ich schon in der ersten Klasse der Sekundarstufe abbrechen. Wir hatten kein Geld, die Schulgebühren zu bezahlen. Dann wurde ich für einen Diebstahl in Gombe verhaftet und in das Zentrum hier gebracht.“
Die Jugendsozialarbeiter aus dem Kinderschutzzentrum in Gombe hatten sich mit den lokalen Kinderschutzbeauftragten getroffen, um für Daniel ein passendes Betreuungsangebot zu wählen. Er konnte dann das Ausbildungszentrum in Bandalungwa besuchen und sechs Monate Mechatronik lernen.
„Mein Traum ist eine Ausbildung in einem Handwerksberuf, am liebsten Elektriker, damit ich mein eigenes Geld verdienen kann“, erzählt Daniel. Da der damals noch Minderjährige unbedingt einen Beruf erlernen und sein eigenes Einkommen verdienen wollte, war er für die Ausbildung prädestiniert. Während der Zeit im Zentrum wurde er begleitend psychologisch betreut – ein Coaching, das ihn in seiner Entschlussfähigkeit stärkte. Daniel erhielt für einen einfacheren Start ins freie Berufsleben das notwendige Werkzeug. Dennoch: Die Konkurrenz auf dem Markt erschwert den Start. Regelmäßig ist Daniel als freiwilliger Betreuer im Ausbildungszentrum. Und findet Gefallen daran. Längt hat er einen neuen Plan für seine Zukunft: „Ich möchte Ausbilder werden und die Jugendlichen hier betreuen, damit sie nicht in ihre alten Gewohnheiten zurückfallen.“
Die staatlichen Kinderschutzbeauftragten und die Jugendexperten des Ausbildungszentrums wissen genau: Alle Aktuere müssen mitwirken, um der sozialen Integration der straffällig gewordenen Jugendlichen in die Gemeinden eine Chance zu geben.
Samuel Opango will Schlosser werden. Mit starkem Willen verfolgt er sein Ziel und hat Spaß an der Arbeit. Foto: Volker Gerdesmeier
Samuel will Schlosser werden – darauf konzentriert er seine ganze Kraft
„Mein Name ist Samuel Opango. Ich wuchs bei einer Familie in Kinshasa auf, mit einem Bruder und vier Schwestern. Geboren bin ich in der Provinz Congo Centrale“, erzählt der 17-Jährige in einem ruhigen Ton. Er wirkt offen und macht einen mutigen Eindruck. Doch das war nicht immer so. „Seit sieben Jahren sind meine Eltern geschieden – und seither gehe ich nicht mehr zu Schule. Wir konnten uns das Schulgeld nicht mehr leisten – ich war damals in der zweiten Klasse der Sekundarschule. 2015 kam ich ins Gefängnis. Ich hatte willkürlich auf ein Kind aus unserer Nachbarschaft eingeschlagen. Sechs Monate musste ich im Gefängnis von Malaka verbringen.“
In Malaka hat Samuel dann über seinen Ausraster nachgedacht. Er hatte zu seinen Mitinsassen ein konfliktfreies, aggressionsloses, geradezu harmonisches Verhältnis, bezeugen die Sozialarbeiter, die sich um ihn kümmerten. Dank der juristischen Unterstützung seitens des Kinderrechtsbüros in Kinshasa (Bureau National Catholique de l’enfance et placé au Centre de sauvetage de Kinshasa) hat er einen Plan entwickelt: „Ich will ein Handwerk erlernen: Schlosser will ich werden, um mich selber versorgen zu können.“
Die Familie konnte seine grundlegenden Bedürfnisse nicht mehr sicherstellen. Essen, Schlafen, Lernen – fast alles wurde zu Hause schwierig, wenn nicht unmöglich. Inzwischen steht Samuels Wunsch, sich finanziell unabhängig zu machen, für ihn selber an oberster Stelle – und hinter dem mutig wirkenden Blick steht ein entschlossener jungen Mann, der weiß, was zu tun ist. Die Lehre als Schlosser ist sein Fixpunkt. Doch es bleiben Herausforderungen, die nicht leicht zu bewältigen sind: Viele Metallwerkzeuge und -produkte werden aus dem Ausland importiert, oft so billig, dass es kaum möglich ist, gewinnbringend als Schlosser etwas herzustellen. Die Inflation erschwert es, ohne Verlust etwas herzustellen und weiterzuverkaufen. Dennoch: Das Projekt fördert Samuels unternehmerische Fähigkeiten. Wenngleich derzeit das Ziel, Schlosser zu werden, für ihn im Vordergrund steht, ist der Unternehmensgeist und der Wille, sich selber zu versorgen, der harte Kern seiner noch unsicheren Zukunftsperspektive.
Sarah sieht ihre Zukunft in einem kleinen Fiseursalon. Dafür braucht sie Unterstützung – ein kleines Startkapital und einen Coach für schwierige Momente. Volker Gerdesmeier
Ein Friseursalon für Sarah
Sarah Nzola Mesomukania ist 17 Jahre. „Ich lebe bei meiner Großmutter mütterlicherseits, weil meine Mutter in Kinshasa erneut geheiratet hat.“ Nach dem Tod ihres Vaters, der aus dem südlichen Nachbarstaat Angola stammt, beschlossen sie und ihre Mutter, in die Provinz Bulungu im Süden des Kongo zurückzuziehen. Und damit in die Herkunftsregion ihrer Mutter. Die Geschwister blieben in Angola. „Meine Großmutter kümmert sich sehr, dank ihrer Unterstützung konnte ich die Grundschule besuchen und 2012 ein Abschlusszertifikat an der Schule in Kikukivu machen.“
Doch dann kam Sarah schulisch nicht mehr weiter: „Ich will unbedingt in die Schule. Aber ich musste abbrechen, weil wir uns die Schulgebühren nicht leisten konnten.“
Sarah wurde als Minderjährige von dem lokalen Kinderschutznetzwerk registriert, weil sie unter den Straßenkindern auffällig geworden war. Während einer Orientierungsphase ermittelten Jugendsozialarbeiter mit ihr gemeinsam, wie es weitergehen kann. Dabei war die sechsmonatige Ausbildung zur Friseurin, die sie in der Ausbildungsstätte „Enfant de la Rue“ in Bonsomi begann, nur ein Baustein. Sarah erhielt individuelle psychosoziale Betreuung und besucht regelmäßig eine Jugendgruppe. Hier geht es um Themen wie Eigenverantwortung, Hygiene, Kommunikation, sie zielen darauf, die Jugendlichen zu stärken und ihnen eine Wiedereingliederung ins soziale Umfeld der Gemeinde zu erleichtern. In der Ausbildungsstätte „Enfant de la Rue“ war die junge Frau eine von 300 Jugendlichen. Inzwischen hat Sarah ihren eigenen Friseursalon eröffnet. Doch das soziale und ökonomische Umfeld ist labil und damit auch ihre ganz persönliche Zukunftsperspektive. Sie tut alles dafür, um mit einem selbst erwirtschafteten Einkommen sich und ihre Großmutter über die Runden zu bringen.
Juni 2018