Senegal: Mit dem Klimawandel leben
Mit Gemüse dem Klimawandel trotzen
Mit Gemüseanbau und Gemeinschaftsgärten dem Klimawandel trotzen
Gemeinsam mit den anderen Frauen des Dorfes bewässert Daba Diédhiou bereits am frühen Morgen ihre Gemüsebeete. Hier wachsen Zwiebeln, Knoblauch, Salat, Auberginen, Tomaten, Okra und Peperoni. Die Zwiebelstecklinge hat die über Siebzigjährige frisch ausgepflanzt. Täglich ziehen die Frauen Wasser mit Eimern aus einem Brunnen, eine mühsame Tätigkeit. Der Gemüseanbau ist arbeitsintensiv, aber er bereichert den Speiseplan.
Dana Diédhiou ist erst vor kurzem nach Youtou zurückgekehrt, nach jahrelangem Aufenthalt als Geflüchtete im Nachbarland Guinea-Bissau. Mit Hilfe der Frauengruppe und der Unterstützung der Caritas baut sie wieder Gemüse an freut sich, auf diese Weise zum Haushalt ihrer Nichte beitragen zu können.Fabrice Taurines
Gemeinschaftsgärten für die Ernährung
Marie-Nicole, die Nichte von Daba Diédhiou, erläutert gerne, wie die Frauen hier zusammen arbeiten: "Hier hat jede Frau ihr eigenes Gemüsebeet. Aber wir säen gemeinsam aus und verpflanzen gemeinsam die Setzlinge aus dem Anzuchtbeet in die Gemüseparzellen. In der Regenzeit pflanzen wir auch Mais. Die Ernte teilen wir unter den Familien auf. Alle Frauen aus dem Dorf sind hier und beteiligen sich."
Der Gemüseanbau in Youtou ist neu. Früher lebte das Dorf ausschließlich vom Fischfang und vom Reisanbau und den Obstgärten: Mangos, Limetten, Orange, Palmwein. Früher, das war vor Ausbruch des bewaffneten Konfliktes in der Casamance.
In dem Dorf Youtou betreiben die Frauen Gartenbau. Das tägliche Bewässern der Beete macht Arbeit, doch der Erfolg ist schnell sichtbar: Zwiebeln, Auberginen, Bissap, Okra, Knoblauch, Tomaten - all das wächst in dem Garten und bereichert die Ernährung der Familien.Fabrice Taurines
Neuanfang nach der Rückkehr
Die Frauen in Youtou sind erst vor knapp zwei Jahren aus dem Nachbarland Guinea-Bissau in ihr Dorf zurückgekehrt, nach über 30 Jahren. Die älteste unter ihnen ist Daba Diédou. Sie war vor den Kämpfen geflohen, die in der Casamance, der Reiskammer des Senegal, über Jahrzehnte die Landbevölkerung in Angst versetzte und das Dorf unter Beschuss nahm. Jetzt wollen die ehemals Vertriebenen und ihre Kinder ihr Dorf wieder aufbauen. Daba Diédou fühlt sich noch heute nicht sicher, ihre Nichte hingegen ist guten Mutes und voller Tatendrang. Daba Diédou liebt die Arbeit im Garten, denn dann kann sie ihre Sorgen und Ängste vergessen.
Die Landgemeinde Youtou liegt in einem Flussdelta im südlichen Senegal, knappe 30 Kilometer von der größten Stadt der Casamance entfernt. Über einen Wasserarm ist das 500-Seelen Dorf mit der Hauptverkehrsstraße verbunden. Die einstündige Bootsfahrt nach Youtou kostet gut 20 Liter Diesel, daher kann sich die Dorfgemeinde diese Fahrt nicht zum Vergnügen leisten. Youtou ist noch immer reich an Obstgärten, doch der Transport der Ernte verteuert die Produkte. So hängt hier die Nahrungssicherheit wie ein dünner Faden an einer nachhaltigenlandwirtschaftlichen Selbstversorgung.
Odile Diédou, die Präsidentin der Frauengruppe, erklärt warum. "Unsere Häuser waren ausgebrannt oder zerfallen. Auch die Infrastruktur ist zusammengebrochen: Brunnen, Gesundheitsstationen, Straßen, Schulen, Getreidemühlen: All das gibt es nicht mehr." Augustin Sambou, Mitarbeiter der Caritas vor Ort, ergänzt: "Fischteiche und Reisfelder sind schon immer die wichtigste Produktionsgrundlage für die Dorfbevölkerung. Sie sind nun vielerorts weitflächig zerstört. Das Salz, das der Klimawandel mit sich bringt, vergiftet den Boden für den Reisanbau."
Wenn das Salz kommt
Der Gemüseanbau ist zwar keine Alternative zum Reisanbau. Auch die Reisfelder will das Dorf mit Dammbauten wieder entsalzen - doch das dauert. Mit dem Gemüseanbau kommen die Familien besser über die Runden, und eine gesunde vitaminreiche Ernährung ist für die Kinder und die alten Menschen besonders wichtig.
"Im April und Mai haben wir Probleme und können die Beete nicht ausreichend wässern, wegen des Salzes", klagt Odile Diédou. Auch das Wasser im Brunnen weist dann einen zu hohen Salzgehalt auf. Es muss von weit her mit einem Karren herangeschafft werden. Eine große Belastung für die Frauen. So wie in Youtou geht es auch den Menschen in Kaguitte, Enampor und Sigana.
Die Reisfelder in Youtou sind versalzen. Erst ein neuen Deichbau und der Unterhalte der kleinen Schleusen kann dem Meer das Land wieder abgewinnen.Fabrice Taurines
Beratung, Saatgut und neuer Mut
Augustin Sambou, Agrartechniker der Caritas Ziguinchor, der Partnerorganisation von Caritas international, unterstützt die Menschen.Vor allem mit Beratung, zum Beispiel in praktischen Gartenbau-Workshops über biologische Schädlingsbekämpfung und neue Gemüsesorten. Doch auch mit Material:Saatgut, Material für die Deichbau und verbesserte Reissorten und Zäunen, um das Gemüse vor Wildtieren zu schützen. Alte Brunnen wurde restauriert, manchmal auch neue gebaut. "Unsere regelmäßige Anwesenheit macht den Frauen Mut, gerade wegen der entfernten Lage des Dorfes", so der Caritas Mitarbeiter. "So können die Leute hier ihre Probleme mit dem Salz mit uns teilen und wir suchen eine Lösung, die dauerhaft ist. Wir lernen voneinander, denn der Klimawandel hält immer neue Überraschungen bereit."
Gemüsegärten in der Casamance
Die Caritas Ziguinchor arbeitet in neun Landgemeinden in der Casamance, die ein ähnliches Schicksal erlitten haben wie die Menschen in Youtou. Angelique Djiconne berät die Frauen der Gemeinde Enampor. Sie ist die Älteste von acht Kindern. Ihre sieben Geschwister sind ihre Familie. Gerade hatte sie ihr Abitur absolviert, als ihre Eltern an einer Krankheit verstarben, beide binnen einer Woche. Angelique Djiconne übernahm die Verantwortung für ihre jüngeren Geschwister, und die trägt sie bis heute. Sie zahlt die Schulgebühren, sorgt für eine warme Mahlzeit und ein Dach über dem Kopf. Als unverheiratete Frau hat sie kein eigenes Haus, die monatliche Miete macht ihr regelmäßig Sorgen, ebenso wie die steigenden Gaspreise für den Kochherd.
Dank eines Stipendiums und mit etwas Unterstützung eines Onkels konnte Angelique Djiconne Agrartechnikerin werden. Seit sechs Jahren nun arbeitet sie für die Caritas Ziguinchor, dem Projektpartner von Caritas international. Ihre Stärke ist die Zusammenarbeit mit den Dorfbewohnerinnen.
Gemeinsam schaffen sie das: Reisernten verbessern trotz Klimawandel
Die Landgemeinde Enampor lebt noch heute vom Reisanbau, soweit das Klima es erlaubt. Angelique Djiconne erklärt hier neue Methoden mit schnellreifenden Sorten nicht nur in der Theorie. Sie war die erste, die ein Feld mit einer angepassten Reissorte bestellte und die Frauen aus dem Dorf Enampor auf ihr ganz privates Vorzeigefeld einlud, zur Pflanzzeit, zum Jäten und zur Ernte. Hier konnte sie die Frauen davon überzeugen, dass sich die neue Methode bewährt.
Die Caritas sucht für jede Landgemeinde nach den bestmöglichen Wegen, um sich an den Klimawandel, das Salz und die lokalen Gegebenheiten anzupassen. Der Bau eines Wasserreservoirs, von Latrinen oder Deichen: Was in welchem Dorf Priorität hat, entscheidet die Caritas gemeinsam mit den Dorfkomitees. Einen Gemüsegarten wollen alle. So wächst Schritt für Schritt auch das Wissen im Umgang mit den Folgen des Klimawandels, eine wertvolle, wenn nicht überlebenswichtige Expertise. Denn den Menschen bleibt keine andere Wahl, als mit dem Klimawandel zu leben und die Probleme anzunehmen, die das Meer, das Salz und die langen Trockenzeiten fordern.