Uganda: Zum Wohle der Kinder
Balbina N. mit ihren 2 Söhnen mit NickkrankheitFoto: Philipp Spalek/ Caritas international
Schon zwei Mal ist die Hütte abgebrannt. Doch das ist nicht das Schlimmste. Viel schlimmer scheint, dass die 60-jährige Witwe Balbina N. mit der Ursache der Brände und den Folgen ganz alleine da stand. Die Kinder ihrer Tochter, deren Vater früh starb, wohnen bei der kräftigen Frau, der man ihr Alter kaum anmerkt. Zwei ihrer Kinder, beides Jungen, haben die Nickkrankheit. Sie sind oft apathisch und phasenweise aggressiv. In einem dieser aggressiven Momente, die Ausdruck der Krankheit sind, haben sie die Hütte der Mutter in Brand gesteckt.
Das fehlende Wissen über die Krankheit verschlimmerte die Situation. So hat Balbina N. ihre beiden Söhne von anderen Kindern oft isoliert, aus Angst vor weiterer Ansteckung der durch eine Infektion ausgelösten Krankheit. Besuche in der Krankenstation haben die Witwe in vielerlei Hinsicht überlastet, sie kosten Zeit und Geld, und damit wurde die Zeit für den Anbau der Feldfrüchte knapp. Wer chronisch kranke Kinder in einem Umfeld von Armut und fehlender gesellschaftlicher Unterstützung aufzieht, zieht oft den Kürzeren.
Zuversicht für die Zukunft
Umso dankbarer ist Balbina N. um die Gespräche mit der Sozialarbeiterin der Caritas Gulu. Auch ist die sonst selbstbewusste Frau seit zwei Jahren Mitglied in einer von Caritas initiierten Spargruppe. Das ermöglicht ihr, ein kleines Geschäft zu betreiben: Sie verkauft unter anderem Tomaten aus eigenem Anbau und Fische, die sie aus einem nahegelegenen Bach fischt. Zudem erledigt sie manchmal bei Nachbarn und befreundeten Familien die Feldarbeit, um etwas dazuzuverdienen.
Balbina N. ist eine starke Frau, in mehrfacher Hinsicht. Ihre kräftigen Hände sind immer in Bewegung, ihre ruhige Stimme hat den Klang von Erfahrung und einem unbedingten Willen. Sie wünscht sich, dass vor allem ihr älterer Sohn in der Klinik gründlich durchgecheckt wird, in der Hoffnung, dass man ein Medikament findet, das ihn ruhiger werden lässt.
Von der Caritas erhält Balbina N. nun Saatgut, um ihre Felder bestellen zu können. Sie baut hinter dem Haus Sojabohnen und Maniok an, zudem hat sie zwei Rinder und vier Ziegen. Und ja, auch hoffnungsvolle Momente hat es in ihrem Leben gegeben: Mit ihren Ersparnissen hat die Witwe ihren Kindern den Schulbesuch ermöglicht. Einer ist Mechaniker geworden und repariert in der Stadt Gulu Autos und Motorräder.
Aciro G. kümmert sich um die an der Nickkrankheit leidende Nichte Ajoc G. Ihr Bruder starb an den Folgen derselben Krankheit.Foto: Philipp Spalek/ Caritas international
Die Sozialarbeiterin, mit der die Frau vor drei Jahren in Kontakt kam, war wie ein Schlüssel für mehr Mut und Zuversicht für die Zukunft. Die Cartias-Sozialarbeiterinnen sensibilisieren aber nicht nur direkt Betroffene für die Krankheit. In Elterngruppen finden sich Familien mit und ohne an der Nickkrankheit erkrankten Kindern zusammen. Sie unterstützen sich gegenseitig, und langsam wird das Umfeld für die Kinder, die mit einer geistigen oder körperlichen Einschränkung leben müssen, besser. Mehr Verständnis und Wissen bedeutet weniger Ausgrenzung, und das bedeutet für die Kinder weniger Stress. Manche Kinder mit Nickkrankheit leiden unter schweren Krämpfen und epileptischen Anfällen, andere laufen orientierungslos herum. Der Bruder einer anderen Dorfbewohnerin, der ebenfalls an der Nickkrankheit litt, fand nicht mehr zurück und sank unter einem Baum erschöpft zusammen. Tage später fand die Frau ihn tot auf. Wenn die gesamte Gemeinde einen schützenden Blick auf die oft orientierungslosen und von Angst geplagten Kinder wirft, wächst ihre Chance auf ein würdevolles Leben.