Uganda: Nothilfe für Kriegsflüchtlinge aus dem Südsudan
Seitdem im Dezember 2013 ein blutiger Bürgerkrieg im Südsudan ausgebrochen ist, flüchteten mehr als 1,4 Millionen Südsudanesinnen und Südsudanesen nach Uganda. Das Land erfährt damit den größten Flüchtlingszustrom in seiner Geschichte. Rund 90 Prozent der Geflüchteten, die sich mehrheitlich im Distrikt Adjumani im Nordwesten Ugandas angesiedelt haben, sind Frauen, Kinder und Jugendliche.
Starthilfen für Neuankömmlinge
Anders als beispielsweise in den Zeltcamps der UN für Vertriebene leben die südsudanesischen Flüchtlinge in Adjumani in selbstgebauten Hütten, Seite an Seite mit der einheimischen Bevölkerung. Die Flüchtlinge kommen nur mit dem, was sie bei sich tragen. Zunächst werden sie von der Caritas Gulu mit dringend benötigten Alltagsgegenständen wie Koch- und Essgeschirr, Kleidern, Decken und Schlafmatten versorgt. Das sind wichtige Starthilfen, die die Menschen in ihrer Not ein klein wenig unabhängiger machen. Caritas berücksichtigt bei den Verteilungen aber auch bedürftige Einheimische.
Ein Stück Land für den Eigenanbau
In der neuen Umgebung lernen die Flüchtlinge, die zuvor meist von der Viehzucht gelebt haben, ihre Lebensweise umzustellen. Ihre Tiere mussten sie zurücklassen und Adjumani verfügt nicht über ausreichende Weideflächen für eine größere Viehhaltung. Die Caritas bietet daher Schulungen durch einheimische Agronomen an, um die Geflüchteten mit den örtlichen Ackerbaumethoden vertraut zu machen. Zusätzlich erhalten sie Saatgut, Arbeitsgeräte und ein Stück Land.
Angelo Matang ist ein stolzer Farmer. Der Südsudanese hat in Uganda mit viel Fleiß und Hilfe der Caritas ein Stück Land fruchtbar gemacht und kann so seine Familie ernähren.Foto: Esther Ruth Mbabazi / Caritas international
Der 37-jährige Angelo Matang, der 2014 mit seiner Familie aus Malakal im Südsudan nach Adjumani flüchtete, konnte sich so weitgehend unabhängig machen. Mit den Ernteerträgen kann er seine Familie ernähren und die Schulkosten für die Kinder zahlen. Mit anderen Flüchtlingen hat er sich zur „Mungola Vegetable Grower Association“, einem Gemüseanbauverein, zusammengeschlossen. Gemeinsam wirtschaften die Mitglieder effektiver und geben das erlernte Wissen und die Erfahrungen weiter. Doch die Arbeit auf dem Feld ist mit den wenigen Werkzeugen für Matang und die anderen recht mühsam. Mit einem Pflug könnte die Produktivität gesteigert werden. Auch die Bewässerung und die Transportmöglichkeiten zum Markt sind noch ausbaufähig.
Lernen für eine bessere Zukunft
Gerade für die vielen, zum Teil schwer traumatisierten Kinder ist es wichtig, möglichst schnell wieder einen geregelten Alltag zu leben. Da es unter den Geflüchteten Lehrerinnen und Lehrer gibt, hat die südsudanesische Gemeinschaft früh begonnen, Unterricht für die Kleinen selbst zu organisieren. Während die Lehreinheiten zu Beginn noch ohne Schulmaterial und unter freiem Himmel stattfanden, hat die Caritas zusammen mit anderen Organisationen inzwischen mehrere Schulgebäude errichtet und die Kinder mit Schulmaterial ausgestattet.
Rhoda (19) macht sich in Adjumani für Mädchen in der Bildung stark und steht selbst kurz vor dem Abitur. Sie möchte Journalistin werden.Foto: Esther Ruth Mbabazi / Caritas international
Ein besonderes Augenmerk legt die Caritas auf die Mädchen, die gemäß der Tradition häufig schon als Teenager von der Schule genommen und verheiratet werden. Die Mitarbeitenden der Caritas klären sie über ihre Rechte auf und sensibilisieren die Eltern, um den Mädchen den Verbleib an der Schule zu ermöglichen. Die 19-jährige Rhoda, die im Alter von 14 Jahren nach Adjumani kam und seither die Schule besucht, ist eine von ihnen. Sie ist sehr ehrgeizig, steht kurz vor dem Abitur und hat von der Caritas-Kampagne „Bring girls back to school“ profitiert, in der sie nun selbst aktiv ist. Rhoda möchte unbedingt Journalistin werden. Sie schreibt für die Schülerzeitung und bringt bei der wöchentlichen Schulversammlung politische Nachrichten zur Sprache. „Ich will über die Sterne hinaus. Falls das nicht klappt, bleibe ich zumindest bei den Sternen“, sagt sie schmunzelnd.
Ausbildung als Perspektive
Bisher gibt es noch keine weiterführenden Schulen für die Flüchtlinge. Um ihnen dennoch eine Perspektive und die Chance auf einen Verdienst zu geben, bietet die Caritas zusammen mit etablierten Trainingscentern Berufsausbildungen als Schneider/in, Friseur/in, Schreiner/in, Maurer/in, Metallbauer/in oder Mechaniker/in an. Die Kurse laufen über mehrere Monate, und am Ende bekommen die Jugendlichen für den Einstieg in die Selbstständigkeit ein Starter-Kit und etwas Startkapital. Da es unter den Einheimischen in der strukturschwachen Region ebenfalls Bedürftige gibt, macht die Caritas diese Angebote auch für die Gastgemeinden zugänglich.
Integration durch Friedensarbeit
Dass die Caritas die lokale Bevölkerung in ihre Planungen mit einbezieht, dient dem Erhalt des Friedens zwischen den Einheimischen und den Flüchtlingen. Überwiegend erfahren die südsudanesischen Nachbarn in Uganda große Solidarität. Dennoch ist das Zusammenleben herausfordernd. Allein die unterschiedlichen Sprachen erschweren oft einen Austausch. Zudem konkurrieren die Familien um knappe Ressourcen wie Wasser und Brennholz. Um Konflikten vorzubeugen und gemeinsam Lösungen zu finden, hat die Caritas die Bildung so genannter „Friedenskomitees“ unterstützt: Vertreter/innen der Bevölkerung und der Flüchtlinge werden in Konfliktlösung und Prävention geschult und dann in ihren Gemeinden zur Konfliktschlichtung eingesetzt. Gemeinsame Veranstaltungen stärken ein friedliches und nachbarschaftliches Zusammenleben.
Die Zukunft gemeinsam gestalten, trotz widriger Umstände, ist eine starke Erfahrung, die den Flüchtlingen niemand mehr nehmen kann – ganz gleich, ob sie bleiben oder vielleicht in ein paar Jahren in ihre Heimat zurückkehren wollen.
Oktober 2019