Im Vorfeld des UN-Millenniumsgipfels vom 20. bis zum 22. September 2010 in New York hat Caritas-Präsident Peter Neher an die teilnehmenden Regierungschefs appelliert, die Anstrengungen bei der Bekämpfung der weltweiten Armut deutlich zu erhöhen. "Es ist absehbar, dass wir die Millenniumsziele unter den jetzigen Vorzeichen nicht erreichen werden. Trotz einiger Fortschritte", so Neher, "sind wir noch weit vom gemeinsamen Ziel, der Halbierung der weltweiten Armut bis 2015, entfernt. Noch immer sterben 20 Kinder pro Minute an den Folgen von Armut."
Weltweit leben etwa eine Milliarde Menschen in extremer Armut und weitere zwei Milliarden in Armut. Dafür verantwortlich sind der fehlende Zugang zu Ressourcen, mangelnde wirtschaftliche Entwicklungschancen, schlechte Regierungsführung und Korruption, Kriege und Naturkatastrophen. Die Weltbank hat im vergangenen Jahr angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise neu definiert, dass jeder Mensch als extrem arm gilt, der weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag zum Leben hat. Das sind zurzeit sogar schätzungsweise 1,4 Billionen Menschen.
Im Jahr 2000 hatten sich 189 Regierungschefs auf einen Fahrplan für acht Entwicklungsziele verpflichtet. Diese Millenniumsentwicklungsziele, die Millennium Developement Goals (MDG) der internationalen Gemeinschaft, sehen im Kern vor, den Anteil der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet, bis 2015 zu halbieren. Nicht nur von diesem zentralen Ziel ist die Welt weit entfernt. Der Generalsekretär der Welternährungskommission Jacques Diouf sieht auch die anderen Millenniumsziele - bessere Bildung, einen verbesserten Schutz für Frauen und Kinder, die Bekämpfung von Aids oder eine ökologische Nachhaltigkeit - in Gefahr, sollte es nicht gelingen, die Zahl der Hungernden zu halbieren.
Als Mitglied des Verbandes Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V. (VENRO) schließt sich Caritas international dessen Forderung an die Regierungsvertreter an, es nicht weiter bei Absichtserklärungen zu belassen, sondern in New York einen konkreten Aktionsplan für die verbleibenden fünf Jahre bis 2015 aufzulegen, mit dem die Millenniumsziele zu erreichen sind. VENRO hat in der Broschüre "5 vor 2015" dargelegt, wie ein solcher Plan aussehen könnte.
Grund für die schlechte Ernährungslage der Welt sind laut der Welternährungskommission die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise und die anhaltend hohen Preise für Lebensmittel. Die Armen können die Lebensmittel des heimischen Marktes nicht bezahlen, die Bauern haben gegen die Konkurrenz aus den reichen Ländern keine Chance. "Die Bauern in den ärmsten Ländern sind nicht in der Lage, den nationalen Bedarf zu decken, während die Landwirte der Industriestaaten hohe Überschüsse produzieren, die in den Export gehen", so Diouf. Die gravierenden Auswirkungen der Krise hätten zudem gezeigt, dass es eine bessere soziale Absicherung der Ärmsten geben muss.
Wie eine Armutsbekämpfung im ländlichen Raum aussehen kann, zeigen konkrete Projekte, die Caritas international unterstützt. So konnte die Situation in vielen Dörfern Indiens verbessert werden, indem die Bewohnerinnen und Bewohner aktiv einbezogen werden. Die Caritas steht ihnen mit konkreten Infrastrukturprogrammen, Bildungsprojekten, Rechtsberatung und finanzieller Unterstützung zur Seite. Umsetzung und Planung liegen jedoch in der Hand der Menschen vor Ort.
Frauen und Mädchen bilden den Großteil der Menschen, die in absoluter Armut leben. Sie werden zusätzlich wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Dabei spielen sie eine entscheidende entwicklungspolitische Rolle und führen gesellschaftliche und ökonomische Veränderungen herbei. Geschlechtergerechtigkeit ist eine zentrale Voraussetzung für die Überwindung von Armut. In besonderer Weise von Armut betroffen sind "verletzliche Gruppen" wie Kinder, alte Menschen und Behinderte.
Dies genau sind die Schwerpunkte der Arbeit von Caritas international. In vielen Ländern der Welt entwickelt das Hilfswerk der deutschen Caritas in Kooperation mit den lokalen Partnern Projekte zur Stärkung dieser benachteiligten Gruppen, baut sie auf und übergibt sie in die Hände der lokalen Fachkräfte. Beispiel Ruanda: Hier hat es die Caritas nicht nur geschafft, Straßenkindern ein neues Zuhause zu geben, durch schulische und berufliche Bildung haben sie häufig auch Perspektiven für die Zukunft jenseits von extremer Armut und Obdachlosigkeit.
Vor diesem Hintergrund sei es notwendig, so Peter Neher, dass die Regierungschefs beim Weltarmutsgipfel zu zählbaren Ergebnissen kämen. "Die Zeit bis 2015 wird knapp, und sie muss mit aller Entschlossenheit genutzt werden", forderte der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, "Geld alleine wird zwar nicht ausreichen, aber ohne eine Erhöhung der finanziellen Mittel für die Entwicklungsländer haben wir keine Chance, die Ziele zu erreichen."
Weitere Informationen zu den Millenniumentwicklungs-Zielen (Millenium Developement Goals) und der Arbeit des internationalen Caritas-Netzwerks: http://www.mdg2015.caritas.org/
September 2010