Berlin, 14. Juli 2016. Das Festsitzen von Zehntausenden Schutzsuchenden in Südeuropa und Syrien ist von Caritas international, dem Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, scharf kritisiert worden. Bei der Vorstellung des Jahresberichts von Caritas international am Donnerstag in Berlin mahnte der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, gerade die Menschen nicht zu vergessen, die vor dem EU-Türkei-Abkommen im Süden Eu-ropas angekommen sind und durch die Grenzschließungen nicht weiterkämen. „Noch immer harren Zehntausende Flüchtlinge in den Balkanländern, in Griechenland und Italien aus. Viele dieser Menschen leben unter katastrophalen Zuständen“, sagte Neher.
Er appellierte an die Länder im Süden Europas, die Flüchtlinge gemäß geltender humanitärer Standards aufzunehmen und zu versorgen. Gleichzeitig forderte er von der EU, diese Länder weitaus stärker als bisher zu unterstützen: „Es ist nicht in Ordnung, dass zwar die Türkei mehrere Milliarden Euro für die Versorgung und Abwehr von Flüchtlingen von der Europäischen Union erhält, zeitgleich aber die Länder an der südlichen Außengrenze der Gemeinschaft mit der Versorgung derjenigen überfordert sind, die es oft unter Einsatz ihres Lebens dorthin geschafft haben und jetzt weder vor noch zurück können“, kritisierte Neher.
Der Leiter von Caritas international, Oliver Müller, warnte zudem vor einer akuten humanitä-ren Katastrophe im Süden Syriens, an der Grenze zu Jordanien. „In den Lagern nahe des Ortes Rukban und am Grenzübergang bei Hadalat sitzen derzeit Zehntausende Menschen fest, die vor den jüngsten militärischen Auseinandersetzungen geflohen sind – und das mitten in der Wüste“, sagte Müller. Die jordanische Regierung lässt humanitäre Hilfe aus Si-cherheitsbedenken hier nur in kleinstem Maßstab zu. „Die internationale Gemeinschaft darf nicht dabei zusehen, wie Menschen verdursten oder verhungern“, so Müller. Mit Blick auf die Millionen isolierter Menschen in Syrien forderte er die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf die Konfliktparteien auszuüben, damit humanitäre Hilfe nicht mehr behindert wird. Zudem müsse sie darauf hinwirken, dass es so rasch wie möglich zu einer tragfähigen Waffenruhe in dem Land komme.
Im Jahr 2015 sind Caritas international 85,24 Millionen Euro anvertraut worden. Dies entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr um rund 24 Prozent. 38,45 Millionen Euro stammen aus Spenden, 46,79 Millionen Euro aus öffentlichen und kirchlichen Zuwendungen. 638 Projekte in 73 Ländern konnten vergangenes Jahr gefördert werden. Einen Schwerpunkt bildeten die Hilfen für Menschen auf der Flucht, für die mehr als 21 Millionen Euro bereitgestellt wurden. Die Werbe- und Verwaltungskosten von Caritas international lagen auch im Jahr 2015 deutlich unter zehn Prozent (7,9).
Ausführliche Infos zur Jahrespresskonferenz unter www.caritas-international.de/jahresbericht2015