Brasilien: Wo Wasser das kostbarste Gut ist
Extreme Temperaturen und Trockenheit - das ist der Sertão. Foto: Otávio Nogueira, @flickr
Der Nordosten Brasiliens gilt als Armenhaus des Landes. In ihm liegt der Sertão, eine halbwüstenartige Region, die sich über acht Bundesstaaten und 1.348 Gemeinden mit fast 24 Millionen Menschen erstreckt. Hier leben rund 12 Prozent der Gesamtbevölkerung Brasiliens und das zumeist in großer Armut und den strengen Klimabedingungen schutzlos ausgeliefert: Heiße Temperaturen, geringe Niederschläge und eine hohe Verdunstung machen Wasser zum kostbarsten Gut. Seit den 70er Jahren treten immer stärker und in immer kürzeren Intervallen Dürreperioden auf. Der Kampf um das Wasser verschärft sich, auch weil der Zugang zu der knappen Ressource von einigen wenigen Wirtschaftsmächten geregelt wird. Der einzige ganzjährig wasserführende Fluss, der Rio Sao Francisco, wird von verschiedenen Großprojekten, darunter Wasserkraftwerke und Agrarindustrie, stark beansprucht und ist in seinem ökologischen Gleichgewicht bedroht.
Leben mit der Dürre
Für die, die von der Landwirtschaft abhängen, ist die Region ein große Herausforderung.Foto: Otávio Nogueira, @flickr
Verlierer sind die Anwohner, die Kleinbauern, die ihre Felder nicht mehr bewirtschaften können. Die Erträge genügen nicht einmal zur Selbstversorgung, so dass sie auf staatliche Unterstützung angewiesen. Rund 70 Prozent der dort lebenden Bevölkerung sind von der Landwirtschaft abhängig, eine Landwirtschaft, die sie nicht mehr ernähren kann. Gemäß Unicef leiden in der Region 67 Prozent der Kinder und Jugendlichen an Armut und Hunger.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten arbeiten verschiedene zivilgesellschaftliche Gruppen daran, die Kleinbauern in ihrem "Leben mit der Dürre" zu unterstützen. So konnte die lokale Hilfsorganisation IRPAA (Institut für angepasste kleinbäuerliche Landwirtschaft) beispielhafte Technologien entwickeln, die es den Menschen erlaubt, die periodisch auftretenden Dürreperioden besser zu überstehen und nicht aus der Region abwandern zu müssen. Auf diesem Wege sind Hunderttausende Zisternen entstanden, neue Wasserquellen wurden erschlossen, Landrechte gesichert und Fortbildungen für die Bauernfamilien durchgeführt.
Rechtsradikaler an der Macht
Seit der Führung des Landes unter dem ultrarechten Jair Bolsonaro kommt es zu einschneidenden Reformen und Änderungen, die sich vor allem gegen Indigene, sozial Schwache und Frauen richten.
Eine umstrittene Rentenreform, die die kriselnde Wirtschaft retten soll, trifft insbesondere die arme Bevölkerung. Weiter kündigte der Präsident drastische Kürzungen im Bildungsbereich an und sprach sich gegen eine gleiche Entlohnung von Frauen und Männern aus. Besorgniserregend ist die zunehmende massive Zerstörung des Regenwaldes: Bolsonaro hat Schutzzonen und Gebiete der Indigenen im Amazonas für Landwirtschaft und Bergbau freigegeben. Gleichzeitig strich er fast vollständig das Budget für den Klimaschutz und erklärte, dass wirtschaftliche Interessen vor Umweltschutz stünden. Nahezu anschließend an seine Ankündigungen kam es im August 2019 zu verheerenden Waldbränden im Amazonasgebiet. Bolsonaro bezichtigte NGOs, diese aus Rache gelegt zu haben. Von der internationalen Gemeinschaft wird ihm vorgeworfen, zu spät auf die Brände reagiert zu haben, Hilfsangebote schlug er aus.
„Unter Bolsonaro werden sich Leid und Hunger der Armen und Schutzbedürftigen in Brasilien weiter vergrößern“, meint der Generaldirektor der Caritas Brasilien, Luiz Cláudio Lopes da Silva. Besonders bedenklich sei die Ankündigung, die Anerkennung von Landrechten und Landtiteln an Indigene und andere Minderheiten in Frage zu stellen. "Das wäre ein glatter Bruch der Verfassung", mahnte Lopes da Silva.
August 2019
(Bildnachweise: Bild 1, Bild 2: Otávio Nogueira, flickr.com, keine Änderungen, Lizenz: CC BY 2.0, Bild 3, Comunicação Funceme, CC BY-NC 2.0)