Auch wenn die Medien inzwischen seltener auf die Region blicken, gehen die Kämpfe in Teilen des Landes weiter. Ein Ende des Konflikts ist noch immer nicht in Sicht: mit verheerenden Folgen für die Menschen. 11,7 Millionen Syrerinnen und Syrer sind nach Angaben der Vereinten Nationen dringend auf humanitäre Unterstützung angewiesen. Mehr als sechs Millionen sind Vertriebene im eigenen Land. Und weiterhin fehlen einem Großteil der Menschen die Grundlagen für ein Leben in Würde. Viele Häuser, große Teile der sonstigen Infrastruktur und viele medizinische Einrichtungen in Syrien sind zerstört oder stark beschädigt worden. Jede fünfte Schule liegt in Trümmern und viele qualifizierte Lehrkräfte haben das Land verlassen. Es ist fast zur Regel geworden, dass Kinder und Jugendliche nicht lesen und schreiben können. Immer noch harren darüber hinaus Millionen Menschen in Nachbarstaaten Syriens aus, oder in anderen Ländern, die ihnen Zuflucht gewährt haben.
Einfachste Hilfe kann Leben retten
Wir von Caritas international, dem Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, und der Diakonie Katastrophenhilfe sichern das Überleben vieler Menschen in der Krisenregion in enger Zusammenarbeit mit unseren Partnerorganisationen. Dabei können wir schon mit einfachen Mitteln viel erreichen: so werden in Syrien an zahlreichen Orten Nahrungsmittel durch lokale Partner verteilt, ohne die sich viele Familien nicht ausreichend ernähren könnten. Die Mitarbeiter der syrischen Caritas und anderer Partner versorgen die Menschen darüber hinaus mit Kleidung und Hygieneartikeln sowie Decken und Matratzen. Auch ermöglichen sie etwa medizinische Behandlungen, kümmern sich um Kinder und Jugendliche mit Behinderung und finanzieren in einigen Fällen auch Operationen. Die Hilfe erreicht in dem Land insgesamt mehr als 100.000 Bedürftige.
Die Unterstützung erstreckt sich auch auf die Nachbarländer Irak, den Libanon, Jordanien und die Türkei. Die Projekte reichen dabei von psychosozialen Hilfen über die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln über Mietbeihilfen bis zu Bildungsangeboten.
Aus den Medien, aus dem Sinn?
Nun droht den Syrerinnen und Syrer durch die Länge des Krieges, dass die Öffentlichkeit und die Medien ihr Schicksal aus den Augen verlieren und ihre Not in Vergessenheit gerät. Das aber wäre die größte Katastrophe. In unserer gemeinsamen Aktion "Die größte Katastrophe ist das Vergessen" wollen wir von Caritas international und der Diakonie Katastrophenhilfe genau das verhindern und dem ein starkes Zeichen entgegen setzen. Wir wollen das Leid der Betroffenen lindern und ihnen Perspektiven für die Zukunft eröffnen. Als humanitäre Hilfsorganisationen helfen wir ALLEN Menschen, egal welcher Religion oder Herkunft. Unsere Hilfe orientiert sich allein an der Bedürftigkeit.
Doch um diese Hilfe leisten zu können, brauchen wir Ihre Unterstützung! Helfen Sie mit, den Syrerinnen und Syrern eine Zukunft zu ermöglichen!
Um auf die Situation und unsere Arbeit aufmerksam zu machen, bieten wir Ihnen verschiedene Materialien an, die Sie sich auf unseren Internet-Seiten herunterladen können. Angefangen von unserem Aktions-Motiv, dem Info-Flyer, den Text-Bausteinen für Gottesdienste und Veranstaltungen bis hin zu konkreten Projektinformationen und Hintergrundmaterialien finden Sie dort ein breites Angebot an Materialien, die Sie natürlich auch direkt bei uns kostenfrei bestellen können.
„Beim Spielen mit anderen Kindern vergesse ich die Angst“
Aïcha aus Syrien ist elf Jahre alt und kann seit Kurzem eine reguläre Schule besuchen. Doch sie hat viel aufzuholen. Mit sieben Jahren, kurz vor der Einschulung, floh sie mit ihrem Vater, ihren Geschwistern und ihrer Großmutter aus ihrem Haus in Aïn al-Arab, einer Stadt in Nordsyrien, vor den tobenden Kämpfen. Das war 2015. Auch ihr Zuhause wurde bombardiert. Die Fenster gaben der Druckwelle nach und zersprangen in tausend Splitter. Wände stürzten in sich zusammen. Die Familie versuchte, sich schnellstmöglich aus dem Gebäude zu retten. Doch ihre Mutter schaffte es nicht und verlor ihr Leben.
Die Familie floh von einem auf den anderen Tag nach Jaramana, in einen Vorort von Damaskus, wo fast zwei Millionen Vertriebene dicht an dicht leben. Innerhalb zweier Jahre sind sie viermal umgezogen, um eine günstigere Wohnung zu finden. Nun leben sie in einem halbfertigen Haus, in dem es an allem fehlt. Mit Mühe überlebt die Familie.
Zwischen Kindheit und Krieg
So wie Aïcha und ihre Familie sind immer noch mehr als sechs Millionen Syrerinnen und Syrer im eigenen Land auf der Flucht. Jede fünfte Schule liegt in Trümmern und ein Großteil der Kinder und Jugendlichen kann weder lesen noch schreiben. Mehr als zwei Millionen Kinder im schulpflichtigen Alter können in Syrien nicht zur Schule gehen. Kein Kind kann den Folgen des Krieges hier entgehen.
Eine Oase inmitten der Trostlosigkeit
Zu Beginn war die Elfjährige von der Schule überfordert. „Aïcha ist immer noch sehr ängstlich und schüchtern“, erzählt ihre Lehrerin, „aber sie lernt schnell“. Sie muss ihren Rückstand aufholen, lernen sich zu vertrauen, wagen, Fehler zu machen – ganz einfach Kind zu sein. Um Anschluss an die Schule zu finden, besucht Aïcha den Nachhilfeunterricht der Caritas im Zentrum Saint Alberto Hurtado. Der Ort ist eine Oase der Ruhe, an dem 300 Kinder spielerisch mit den Betreuenden lernen. Die Mitarbeiterinnen vermitteln nicht nur den Schulstoff, sondern gehen auch auf die speziellen Bedürfnisse der traumatisierten Kinder ein.
So hilft die Caritas in Syrien
„Hier aber sind wir sicher, Gott sei Dank“
Viele der syrischen Familien sind traumatisiert nach Jordanien gekommen. Für die Kinder bedeutet Schule eine Oase, weit weg von den dramatischen Situationen, die sie erlebt haben oder von Problemen, denen sie Zuhause gegenüberstehen. Viele bleiben auch nach ihrer Zeit dem Mutter-Kind-Projekt der Caritas verbunden und engagieren sich weiterhin freiwillig im Kindergartenprogramm.
Wenn Flüchtlinge zu wichtigen Stützen der Hilfe werden
Auch Khawla Yasin ist dem Projekt sehr verbunden. Sie hat sich freiwillig in der Albweyda-Schule gemeldet, nachdem ihre Kinder 2014/15 von der Caritas unter-stützt wurden. 2012 floh sie vor den Kämpfen in Syrien nach Jordanien. „Meine Kinder konnten hier in den Kindergarten gehen, jetzt sind sie auf einer öffentlichen Schule. Sie haben sich sehr wohl und gut vorbereitet gefühlt. Jetzt haben sie die besten Noten in ihrer Klasse. Wir fühlen uns hier wie ein Familien und werden wie Jordanier behandelt.“ Khwala Yasin hat nicht vor, nach Syrien zurückzukehren. Mit Grauen erinnert sie sich an den Krieg dort. „Während des Konflikts habe ich meine Kinder in eine Waschmaschine gesteckt, um sie vor den Bomben zu schützen. Hier aber sind sie jetzt sicher, Gott sei Dank.“
So hilft die Caritas Geflüchteten in Jordanien
Mit Stift und Papier zurück in die Normalität
Was macht eine normale Kindheit aus? Zuerst einmal ein unbeschwertes Leben in Frieden, aber auch die Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Die Caritas hilft Flüchtlingskindern wie Bilal dabei, wieder Fuß im Bildungssystem zu fassen – und kämpft dabei gegen viele Hindernisse.
Neustart im Libanon
Bilal war gerade fünf Jahre alt, als seine Familie aus ihrer Heimatstadt Hasake im Nordosten Syriens fliehen musste. Als die Lage im Land im Jahr 2012 wegen des Bürgerkriegs immer kritischer wurde, ließ sich die gesamte Familie im Norden der libanesischen Hauptstadt Beirut nieder. Im neuen und stark bevölkerten Viertel Bir Hassan lebt Bilal mit seinen Eltern und Geschwistern nun in einer kleinen Wohnung im Erdgeschoss. Um die 300 Dollar Miete bezahlen und die Kinder zur Schule schicken zu können, muss sich die Familie verschulden.
In den engen Gassen von Bir Hassan fanden über die Jahre sehr viele syrische Flüchtlinge Zuflucht. Solange Bilals Vater Ismaïl Arbeit hatte, lief alles relativ gut, auch wenn der Jobmarkt in der Region hart umkämpft ist. Doch dann kamen die gesundheitlichen Probleme. Wegen seiner kranken Nieren konnte er nicht mehr arbeiten gehen, sodass sich die sechsköpfige Familie kaum mehr über Wasser halten konnte. Mutter Amira versuchte, das klägliche Familieneinkommen als Putzfrau aufzubessern. Es gelang ihr mehr schlecht als recht.
Jeder sechste Einwohner ist ein Flüchtling aus Syrien
Insgesamt liegt die Zahl der registrierten Flüchtlinge im Libanon bei knapp einer Million: Eine riesige Herausforderung für das kleine Land, in dem nur rund sechs Millionen Menschen leben – und auch für Nichtregierungsorganisationen, die Tag für Tag daran arbeiten, die Lebensumstände dieser Menschen zu verbessern.
„Alle sagen, dass ich große Fortschritte mache“
Der inzwischen elfjährige Bilal, der durch den Krieg und die Flucht lange nicht zur Schule gehen konnte, versucht die Lücken in seiner Schulbildung mit einer Extraportion Ehrgeiz aufzuholen. Unterstützung bekommt er dabei von der Caritas, die Kinder wie Bilal unter anderem mit Nachhilfeunterricht wieder fit für den regulären Schulunterricht macht. Die Lehrerinnen und Lehrer sind speziell darin geschult, Lernschwierigkeiten bei Schülern zu entdecken und ihnen dabei zu helfen, sie gezielt zu überwinden. Sein Lieblingsfach ist Arabisch. „Alle sagen, dass ich große Fortschritte mache“, sagt Bilal stolz. Er freut sich sehr, in die Schule gehen zu können und damit verbunden auch darüber, so etwas wie Normalität erleben zu können. Darum hat er neben dem Schulbesuch auch noch einen anderen, ganz typischen Kinderwunsch: „Ich hätte gerne ein Fahrrad“, sagt er und setzt ein verschmitztes Lächeln auf.
So hilft die Caritas Geflüchteten im Libanon
Mustapha soll nicht arbeiten müssen
Um 4 Uhr steht Yusra jeden Morgen auf. Zunächst kocht sie, damit ihre vier Kinder tagsüber etwas zu essen haben. Dann schaut sie, ob ihr 19-jähriger Sohn Feraz auf die Toilette muss. Anschließend wechselt sie die Windeln eines weiteren Sohnes namens Ahmed, ehe sie für die nächsten zwölf Stunden zusammen mit anderen syrischen Flüchtlingen auf den Feldern Früchte und Gemüse erntet.
Yusra lebt seit der Flucht aus Aleppo mit ihrer Familie in der türkischen Stadt Reyhanlı, nahe der Grenze zu Syrien. „Unser Haus wurde bei einem Luftangriff zerstört“, erzählt Yusra. „Wir mussten drei Stunden durch den Schnee gehen, um in die Türkei zu gelangen. Mein Mann und ich trugen die Kinder. Ich war schwanger, aber ich habe das Baby verloren.“ Ihr Sohn Ahmed kann aufgrund seiner Behinderung weder Arme noch Beine bewegen. Auch Feraz ist körperlich beeinträchtigt und kann nicht gehen. Nach ihrer Ankunft kam die Familie zunächst in einem Kuhstall unter, ohne richtiges Dach, ohne Hilfe. Feraz bekam wegen der prekären Umstände Hautprobleme und wurde taub. Ihr dritter Sohn, Mustapha ist zwölf Jahre. Die Kinder sind vom Krieg und von der Flucht schwer traumatisiert und weinen viel, was die Situation für die Eltern nicht einfacher macht.
„Ich kann mich glücklich schätzen“
Von der Caritas wurde die Familie mit Plastikfolien, Decken und einem Heizofen ausgestattet, um die Wohnsituation ein wenig zu verbessern. Auch Windeln bekommt sie als Teil der humanitären Hilfe. Denn für ihre Arbeit bekommt Yusra gerade einmal umgerechnet 7 Euro pro Tag. Das Geld reicht kaum zum Überleben. Mit den Gutscheinen der Caritas kaufen Yusra und ihr Mann ab und zu „Früchte oder Käse“ – für die Kinder etwas ganz besonderes. Mustapha besucht eine örtliche Schule und schreibt gerne Gedichte. Wenn es nach den Yusras Freunden ginge, sollte Mustapha arbeiten gehen und die Mutter unterstützen. Die Mutter will jedoch unbedingt vermeiden, ihr Sohn soll die Schule fertig machen. Bis Yusra nach der Arbeit die Kinder versorgt und die Wäsche gemacht hat, wird es oft Mitternacht. „Wir sind in einer schwierigen Situation, doch ich kann mich trotzdem glücklich schätzen“, sagt Yusra. „So viele meiner Freunde haben ihre Kinder sterben sehen. Ich halte meine noch in den Armen, und ich danke Gott dafür.“