Die größte humanitäre Hilfsaktion
Die von der Zentralregierung Nigerias verhängte Blockade gegen die kleine Region Biafra löste eine dramatische Hungersnot aus und machte die eingeschlossenen Zivilbevölkerung - ca. 13 Mio. Menschen - von humanitärer Hilfe abhängig. Kirchliche Hilfswerke organisierten daraufhin die bis dahin umfassendste humanitäre Hilfsaktion nach dem Zweiten Weltkrieg. Über mehr als zwei Jahre wurden im Rahmen der "Operation Biafra" Hilfsgüter zur Versorgung der notleidenden Bevölkerung über eine Luftbrücke nach Biafra geflogen - vergleichbar mit der Berliner Luftbrücke. Dazu schlossen sich 25 Hilfswerke zur Joint Church Aid (JCA) zusammen, mit großer Beteiligung der deutschen Hilfswerke Caritas und Diakonisches Werk.
Dilemmata und Herausforderungen der Hilfe
Zugleich wurde die "Operation-Biafra" zu einem Beispiel für die Zwickmühlen der humanitären Hilfe. Sie stellte die Hilfsgemeinschaft vor unlösbare Dilemmata, beispielweise in Bezug auf einseitige Parteinahme für die biafranische Bevölkerung oder Kriegsverlängerung durch Hilfsmaßnahmen. Der Biafra-Krieg prägt bis heute maßgeblich die Geschichte und Entwicklung der humanitären Hilfe.
Humanitäre Hilfe soll neutral, unparteilich und unabhängig sein. Doch wie ist das in Gewaltkonflikten möglich? Wie sollte die Arbeit der Hilfsorganisationen unpolitisch bleiben, wenn die nigerianischen Streitkräfte das Aushungern der eingeschlossenen Bevölkerung Biafras als Kriegswaffe einsetzten? Humanitäre Hilfe bekam automatisch eine politische Dimension. Eine Zwickmühle für Hilfsorganisationen: Leisteten sie Hilfe, wurde ihnen Parteinahme vorgeworfen. Blieben sie aus Furcht vor politischer Vereinnahmung untätig, wurden sie ihrem humanitären Auftrag nicht gerecht.
Bis heute wird der Vorwurf aufrechterhalten, die kirchliche Nothilfe habe den Krieg verlängert. Hätte Biafra früher kapituliert, wenn Hilfsorganisationen die Blockade nicht via Luftbrücke durchbrochen hätten? Für die Lieferung militärischer Güter mag dies auf der Hand liegen, aber gilt das auch für die Lieferung von humanitären Hilfsgütern? Was hätten Caritas, Diakonie und weitere Hilfsorganisationen stattdessen tun sollen? Tatenlos zusehen? Die Menschen verhungern lassen? Abschließend beantworten lassen sich diese Fragen nicht.
Lesen Sie in unserem Dossier mehr über die Hintergründe des Biafra-Krieges, die Luftbrücke, die Dilemmata der Hilfe, die Rolle der Medien und hören Sie Zeitzeugen über ihre Erlebnisse sprechen.
Biafra-Themenwoche im Programm von Deutschlandfunk Kultur
Biafra - Folgen für die humanitäre Hilfe in Afrika
Deutschlandfunk Kultur berichtete vom 13. bis 19. Januar in einem Themenschwerpunkt über die Hintergründe des Biafra-Krieges und die Folgen für die Entwicklungszusammenarbeit: Welche Lehren wurden gezogen? Was bedeutet humanitäre Hilfe für Afrika in Zeiten der Dekolonialisierung? Welche Bedeutung hat Biafra für das humanitäre System heute? Diese Fragen und viele mehr wurden in unterschiedlichen Sendungen diskutiert.
Montag, 13. Januar, 18.30 Uhr, Weltzeit
Biafra 50 Jahre danach – Nigeria ist nicht befriedet
Dienstag, 14. Januar, 18.30 Uhr, Weltzeit
50 Jahre deutsche Entwicklungshilfe – Weiße Retter und teure Almosen
Mittwoch, 15. Januar, 9.05 Uhr, Im Gespräch
Mit Hannelore Hensle, ehemals Leiterin der Katastrophenhilfe der Diakonie, beteiligt an der Organisation der Luftbrücke nach Biafra
Mittwoch, 15. Januar, 18.30 Uhr, Weltzeit
Geschäftsideen statt Hilfsprogramme – Neue Wege in der Entwicklungszusammenarbeit
Mittwoch, 15. Januar, 19.30 Uhr, Zeitfragen. Feature – Kultur und Geschichte
Die Macht der Bilder – Biafra, der Bürgerkrieg und die westliche Welt
Donnerstag, 16. Januar, 18.30 Uhr, Weltzeit
Afrikanische Bildungsoffensive – Eliteschulen für alle
Sonntag, 19. Januar, 1.05 Uhr, Diskurs
Biafra und die Folgen für die humanitäre Hilfe. Hier anhören