Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Kind. Mitten in der Nacht fallen bewaffnete Männer in Ihr Dorf ein, plündern, setzen Hütten in Brand. Ihr Vater rennt nach draußen, Schüsse und Schreie sind zu hören. Die Männer entführen Ihre Mutter und Schwester. Sie entfliehen dieser Hölle, laufen um Ihr Leben.
Im Nachbarland Kameruns, in Nigeria, spielen sich ähnliche Szenen täglich ab. Die Brutalität der Täter übersteigt jede Vorstellungskraft. Die Überlebenden schlagen sich auf der Flucht zum Teil tagelang durch die Savanne. Wenn sie Glück haben, schaffen sie es über die Grenze nach Kamerun. In Kameruns Norden gibt es zwar auch Zonen mit erhöhtem Anschlagsrisiko, doch die Vertriebenen fühlen sich dort sicherer als in Nigeria, dem Hauptsitz der Terrorgruppe. Insgesamt sind mehr als 570.000 Menschen - überwiegend Frauen und Kinder - innerhalb Nordkameruns auf der Flucht.
Die Hoffnung, dass nach der Flucht vor den Gräueltaten Boko Harams alles besser wird, müssen viele Flüchtlinge und Inlandsvertriebe bei ihrer Ankunft im Norden des Landes schnell aufgeben. Die aufnehmenden Gemeinden sind extrem überlastet, die humanitäre Lage ist dramatisch. Es gibt von allem zu wenig: Land, Nahrung und Trinkwasser sind knapp. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen um die Ressourcen. Die Klimakrise, die zu immer längeren Trockenperioden führt, verschärft die Situation zusätzlich.
Wie die Caritas im Norden Kameruns hilft
Die Helferinnen und Helfer der Caritas unterstützen die Vertriebenen mit Nothilfegütern und legen einen besonderen Schwerpunkt auf die Schulbildung von Kindern und Jugendlichen. Die Caritas-Hilfen umfassen:
- Verteilung von dringend benötigten Nahrungsmitteln
- Bereitstellung von Saatgut und landwirtschaftlichen Geräten
- Verteilung von Breizutaten für Familien mit unterernährten Kindern
- Übernahme der Schulgebühren
- Bildung und Schaffung von beruflichen Perspektiven für junge Frauen
- psychosoziale Betreuung und Therapieangebote für Jugendliche
Hilfe für Frauen und Mädchen
Im Norden Kameruns kann nur jedes zweite Kind eine Schule besuchen. Gründe dafür sind die verminderte Anzahl an Schulen in der Region und die fehlenden finanziellen Mittel der Familien, um sich die Schulgebühren der Kinder leisten zu können. Insbesondere Mädchen sind noch stärker benachteiligt: Viele Mädchen werden aufgrund wirtschaftlicher Notlagen oder kulturelle Praktiken früh verheiratet oder leiden an geschlechterspezifischer Gewalt. Damit verbunden ist der Abbruch der Schulbildung.
Caritas international hat diese Not erkannt und stärkt, gemeinsam mit den Partnerorgansiationen vor Ort, Frauen und Mädchen, um neue Perspektiven für die Zukunft aufzubauen. Für Mädchen werden gezielt Bildungs- und Qualifizierungsangebote geschaffen, die sowohl grundlegende Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen als auch berufliche Kompetenzen vermitteln. Durch diese Förderung erhalten sie die Möglichkeit, eigene Einkommensquellen zu erschließen und langfristig wirtschaftlich unabhängig zu werden.
Schulbildung ist die nachhaltigste Hilfe für die Kinder in Kamerun, da sie so langfristig vor den Fängen der Terrormiliz geschützt sind. Denn es ist bekannt, dass Boko Haram vor allem Jugendliche ohne Bildung und Einkommensmöglichkeiten als Nachwuchs anwirbt.
Innerhalb der Schule können die Kinder nicht nur lernen, sondern die Räume werden gleichzeitig für Traumatherapie-Angebote genutzt.