Bangladesch: Nothilfe für die Rohingya
Psychologische Hilfe und Kinderbetreuung
Einen besonderen Fokus legt die Caritas in ihrer Arbeit in Bangladesch auf das Wohl der Kinder. Kinder, die durch die Erlebnisse, den Verlust von Angehörigen und die Flucht schwer traumatisiert sind, erhalten eine psychologische Betreuung.
Kinderfreundliche Plätze mit Spiel- und Lernangeboten wurden eingerichtet, mehr als 100 Caritas-Fachkräfte sind im Einsatz. "Die Menschen haben schreckliche Erfahrungen gemacht, leider auch die Kinder. Wir helfen ihnen, ihr Leid zu lindern", erklärt Mohamed Adadu, Sozialarbeiter der Caritas Bangladesch.
Es braucht nur wenig, um die Kinder zum Lachen zu bringen. Ein sicherer Platz zum Spielen ist aber wichtig.Foto: Fabian Berg/Caritas international
Regierung erlaubt jetzt auch Bildung
Die Regierung von Bangladesch hat inzwischen ihre restriktive Haltung aufgegeben, mit der sie bislang Bildungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche im Rohingya-Camp strikt untersagt hat. Unter anderem durch den Appell von Hilfsorganisationen hat der Außenminister von Bangladesch, Abdul Momen, erklärt: "Wir wollen keine verlorene Generation unter den Rohingya. Wir wollen, dass sie Bildungsmöglichkeiten bekommen." Caritas international wird mit ihrer Partner-Organisation Caritas Bangladesch eine tragende Rolle dabei spielen und in den Camp-Abschnitten, die sie betreut, Schulen aufbauen.
Einblick in das von Caritas betreute Areal im Flüchtlingslager Cox´s Bazar. Foto: Peter Seidel
Modellsiedlung der Caritas macht Schule
Im Flüchtlingslager Cox´s Bazar errichtete Caritas 2017 eine Modellsiedlung mit Bambushütten, Brunnen, Toiletten und Räumen für Kinder. Die UN war von der Siedlung so überzeugt, dass sie gemeinsam mit der Regierung die Caritas beauftragte, weitere 4.000 Hütten für rund 20.000 Menschen zu bauen. Ein Großteil davon war dann 2018 fertig gestellt. Gerade rechtzeitig vor dem Monsun konnten die Menschen ihre Hütten beziehen. Jedes Jahr kommt es zu den Monsunzeiten zu starken Überschwemmungen und Erdrutschen. Caritas befestigte daher zusätzlich noch Wege, legte Terrassen, Abflusskanäle und Drainagen an und bepflanzte die Hänge. In Kursen lernen die Menschen, wie sie ihre Hütten selbst besser vor Wind und Regen schützen können. Die Regierung hat außerdem ihre strengen Bauauflagen gelockert und Caritas darf seitdem festeres Baumaterial wie Betonpfeiler und Wellblech verwenden.
Beim Monsun 2019 zeigt sich die Wirksamkeit der Maßnahmen. Während es an verschiedenen Orten im Flüchtlingslager zu massiven Schäden durch Überschwemmungen und Erdrutschen kam, ist das von Caritas betreute Areal sicher. „Die Schäden bei uns sind minimal“, so Stefan Teplan, Caritas international, der regelmäßig das Lager besucht.
Bis zu rund 1.700 Arbeiter waren auf der Großbaustelle beschäftigt. Die Hütten sind nun fertig, doch weiterhin wird an Verbesserungen der Infrastrukturen gearbeitet. Die meisten Bauarbeiter sind Flüchtlinge und können sich durch Cash-for-Work einen kleinen Verdienst erarbeiten.
Hilfe für Flüchtlinge und Einheimische
Außerdem leistet Caritas international gemeinsam mit Caritas Bangladesch im Lager Nothilfe für rund 400.000 Menschen. Verteilt werden Grundnahrungsmitteln, Koch- und Essgeschirr, Gaskocher, Decken und Matratzen, Hygiene- und Babyartikel. Um die Selbstversorgung zu fördern, erhalten die Flüchtlinge Gemüse- und Obstpflanzen für Hausgärten, die sie selbst anlegen und pflegen.
Mit dem Bau von Wasserleitungen und Sanitäreinrichtungen und der Abgabe von Desinfektionstabletten wurden die hygienischen Bedingungen verbessert.
Caritas begünstigt auch die Einheimischen, die zu den Ärmsten Bangladeschs gehören. Die Flüchtlingssituation hat die ohnehin schwierige wirtschaftliche Lage vor Ort verschärft, was die Gastgemeinden spüren. So sind beispielsweise die Preise für Lebensmittel gestiegen.
Fokus auf besonders Schutzbedürftige
Frauen und Kinder brauchen besonderen Schutz! Caritas richtete darum eigene Räume und Rückzugsmöglichkeiten für sie ein.Foto: Caritas international
Mit Unterstützung des Auswärtigen Amts (AA) setzt Caritas international ein Teilprojekt für 16.000 besonders schutzbedürftige Haushalte um, in denen alleinerziehende Frauen, Menschen mit Behinderung und ältere Menschen leben. Sie werden bei der Verbesserung ihrer Unterkünfte besonders unterstützt, jedoch auch befähigt, selbst aktiv zu werden. Außerdem wird verstärkt auf ihren Schutz und ihre Sicherheit geachtet. So zum Beispiel mit Solarlampen an Wegen, Handläufen und Rampen und extra Räumen für mehr Privatsphäre.
Nur mithilfe vieler großzügiger Spenderinnen und Spender können wir die Menschen mit dem Nötigsten versorgen. In unserer Broschüre "Ein wenig Licht am Horizont" erfahren Sie daher mehr über die Situation und die Wirkung der Spendengelder:
Dieses Projekt wird mit Mitteln vom Auswärtigen Amts (AA), des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), des Erzbistums Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart unterstützt.
Zur Situation
Der Alltag der Rohingya in Myanmar ist seit Jahrzehnten von Ausgrenzung und Gewalt geprägt. Mit Militäroffensiven und der Aberkennung von Rechten wurden in der Vergangenheit nahezu 1,5 Millionen Rohingya in die Nachbarländer vertrieben. Bei einem gewaltsamen Angriff durch das Militär Ende August 2017 kam es zu einer Massenflucht. Rund eine Million Menschen suchten bisher Schutz im benachbarten Bangladesch, darunter viele Kinder. Die Situation in den Flüchtlingslagern ist prekär. Es gibt nicht genügend Unterkünfte, Nahrungsmittel, sanitäre Einrichtungen und medizinische Betreuung. Das größte Lager befindet sich im Distrikt Cox´s Bazar, der zu den ärmsten Distrikten in Bangladesch zählt. Der Zustrom der Flüchtlinge hat die wirtschaftliche Lage für die einheimische Bevölkerung erheblich verschärft und zunehmend kommt es zu Feindseligkeiten und Unmut.
Im August 2019 machte Caritas gemeinsam mit 60 weiteren Hilfsorganisationen in einer Erklärung auf die fortdauernde Recht- und Perspektivlosigkeit der muslimischen Minderheit aufmerksam.
Im Januar 2020 entschied der Internationale Gerichtshof im niederländischen Den Haag, dass Myanmar die Rohingya vor einem Völkermord im eigenen Land schützen muss. Damit gab das Gericht einer Klage Gambias Recht.
Eine Rückführung der Rohingya in ihr Heimatland Myanmar, die politisch seit Oktober 2017 geplant ist, erscheint utopisch, da Myanmar ihnen keine Staatsbürgerechte oder auch Grundrechte wie das Recht auf Bildung oder Mobilität zugestehen will. Um das Flüchtlingslager in Bangladesch zu entlasten, plant die Regierung von Bangladesch seit mehr als einem Jahr, 100.000 Menschen von dort umzusiedeln auf die Insel Basan-Char, auf der sie die entsprechende Infrastruktur komplett ausgebaut hat. Dieser Plan ist allerdings äußerst umstritten, weil diese Insel regelmäßig überflutet wird. Die Regierung von Bangladesch musste eine geplante Umsiedlung nun ein weiteres Mal verschieben, da sich unter den Rohingya kaum jemand findet, der bereit ist, auf diese isolierte Insel umzuziehen. Gegenüber Caritas-Mitarbeiter(inn)en gaben die meisten von ihnen große Sicherheitsbedenken an.