
Ein Beitrag von Hannah Kikwitzki
Programmkoordinatorin Ukraine
26. Mai 2025 / Lesedauer: 3 Minuten
Seine Geschichte beginnt im Jahr 2022: Nachdem er seinen von Russland besetzten Heimatort in der Region Saporischschja verlassen muss, meldet er sich sofort bei den ukrainischen Streitkräften. Denys wird jedoch nicht sofort an die Front eingezogen - das geschieht erst ein Jahr später. Dort, als Teil eines Spezialkräftebataillons, wird er Schütze mit dem Rufnamen "Kit" (Katze). "Ich hätte sicherlich dreimal sterben können", berichtet Denys, "aber irgendetwas hat mich am Leben gehalten. Vielleicht bin ich deshalb bei diesem Rufnamen geblieben - ich bin so widerstandsfähig wie eine Katze."
Denys erzählt uns, wie schwer alle Kämpfe waren. Ständig war er nur 30 bis 100 Meter von den feindlichen Stellungen entfernt. Mörserbeschuss, Drohnenabwürfe, Artillerie - rund um die Uhr. Denys wird zur Befreiung der Region Charkiw eingesetzt. Im November 2023 geschieht es dann: Er wird durch einen direkten Treffer eines feindlichen Geschosses schwer verwundet. "Ich habe mich schon in einem Schützengraben ausgeruht, vier Stunden waren es noch bis zum Positionswechsel. Dann standen wir zweieinhalb Stunden unter Beschuss. Wir haben uns so tief wie möglich eingegraben, denn je tiefer du in der Erde bist, desto größer sind deine Überlebenschancen."
Doch es nutzt alles nichts, erzählt Denys weiter: "Plötzlich hörte ich ein Pfeifen, als ob der Wind wehte, dann einen Blitz. Zuerst hatte ich starke Schmerzen in den Beinen. Ich habe sie freigegraben, sie hochgehoben… Aber da war nichts mehr. Mein Kompagnon ist ohnmächtig geworden. Ich habe mit einer Hand meinen eigenen Oberschenkel abgebunden und mit der anderen habe ich ihn frei gegraben und wieder zu Bewusstsein gebracht. Unsere Kameraden haben uns rausgeholt und gefunkt, dass wir schwer verletzt sind", erinnert sich Denys. Er wird nach Kupjansk in Sicherheit gebracht, und dann folgen Krankenhäuser, Operationen und ein langer Weg in ein neues Leben.
Denys bei einem Gruppentreffen mit weiteren Kriegsversehrten und deren Angehörigen.Foto: Caritas Spes
Seit März 2024 ist Denys in Rehabilitation. Innerhalb eines Monats hat er gelernt, mit seinen beiden Prothesen auf Krücken zu laufen. Nun unterstützt er andere junge Kriegsversehrte, die gerade erst diesen Weg beginnen. "Wenn du nicht an dir selbst arbeitest, sind die Prothesen nur ein Stück Metall. Es ist, als würde man ein Auto kaufen und nicht wissen, wie man es fährt. Ja, es ist schwierig. Das Schwierigste ist, die Kraft zu finden, weiterzumachen. Amputation ist aber keine Verurteilung. Im 21. Jahrhundert ist es der Beginn eines neuen Lebens", macht Denys sich selbst Mut. Lachend ergänzt er: "Außerdem frieren meine Beine nicht mehr."
Der junge Mann erzählt, dass er ständig an Sportwettkämpfen teilnimmt und sogar schon bei den Invictus Games war. Zurzeit lebt er vorübergehend in einem Hotel - sein früheres Zuhause liegt im besetzten Gebiet, er hat dort keinen Ort mehr, an den er zurückkehren kann. Vor dem Krieg war er Minenarbeiter, jetzt träumt er davon, Rehabilitationstherapeut zu werden. Er bereitet sich bereits darauf vor, an der Universität zu studieren.
Das Wichtigste für Denys ist aber, wieder richtig ins Leben zurück zu finden. Seine Mutter, sein Vater und seine sechsjährige Tochter warten auf ihn. Wenn er eine Wohnung in Iwano-Frankiwsk findet, will er seine Familie auf jeden Fall zu sich holen. In einer eigenen Wohnung zu leben, wäre für ihn ein wichtiger Schritt, um sich zu von den Kriegstraumata zu erholen und mit seiner Familie ein erfülltes Leben zu führen.
Halt in dieser schwierigen Zeit gibt ihm die Caritas. Denys nimmt regelmäßig an Gruppentreffen mit anderen Kriegsversehrten teil. Von Zeit zu Zeit spricht er mit einer Psychologin, und die Betreuerin des Caritas-Projekts in Iwano-Frankiwsk hilft ihm, eine Wohnung zu finden.
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