Wieso Régis und seine Mutter am Leben sind
So fest er kann presst der einjährige Régis mit seinen winzigen Händen die Brust seiner Mutter zusammen, um an ein bisschen Milch zu gelangen. Er trinkt ein paar Tropfen und beginnt zu nörgeln. Seine Mutter beruhigt ihn auf Sango, neben Französisch die wichtigste Sprache in der Zentralafrikanischen Republik. Sie ruft einen vielleicht achtjährigen Jungen zu sich, der den kleinen Régis auf den Arm nimmt und mit ihm im Schatten der Bäume auf und ab geht, bis er sich wieder beruhigt.
77 von 1.000 geborenen Kindern in der ZAR sterben vor ihrem ersten Geburtstag
Dass Régis und seine Mutter überhaupt am Leben sind, haben sie dem Team der mobilen Caritas-Klinik zu verdanken. Geneviève Lokobo, die Mutter von Régis, hatte zuvor bereits mehrere Kinder zur Welt gebracht. Die etwa 35-jährige Frau, so ganz genau weiß sie ihr Alter nicht, vermutet, dass die vielen Schwangerschaften Schuld daran tragen, dass sich die Geburt von Régis als so kompliziert erwies.
Marceline Kalebemo, die als Hebamme im Team der Caritas arbeitet, ergänzt: "Wenn wir an diesem Tag nicht dagewesen wären, hätte sie es nicht überlebt". Zwei Tage blieb Marceline Kalebemo bei Frau Lokobo, bis die starken Blutungen nach der Geburt endlich gestoppt waren. Doch die meisten Geburten in der Zentralafrikanischen Republik finden ohne die Hilfe einer Hebamme statt. Die Kindersterblichkeit ist daher eine der höchsten weltweit: 77 von 1.000 geborenen Kindern in dem Land erleben ihren ersten Geburtstag nicht, 110 sterben vor ihrem fünften Lebensjahr.
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Drei ihrer Kinder starben an Malaria
Auch jetzt noch kommt das Caritas-Team regelmäßig mit dem mit Medikamenten beladenen Geländewagen bei Frau Lokobo vorbei. Die kleine Siedlung besteht aus gerade vier Hütten, 60 Menschen leben hier. Direkt hinter den Häusern sieht man kleine Felder. "Ich baue Maniok und Gemüse an, davon ernähren wir uns. Aber mir fehlt das Geld, um uns mal etwas anderes zu Essen zu kaufen, etwas Fisch oder Fleisch zum Beispiel." Den Kindern von Frau Lokobo sind die Spuren der Mangelernährung anzusehen.
Der bereits geerntete Maniok liegt auf dem Boden zum Trocknen aus, Bienen summen darüber und kleine blaue Vögel hüpfen darum herum. Doch die Idylle trügt. Es gibt kein Wasser im Dorf, kein Strom, keine Medizin. Malaria ist ein großes Problem. Erst seit 2018 kommt das Team der mobilen Klinik vorbei, davor war es mühsam und teuer, an Medizin zu gelangen. "Ich habe drei meiner Kinder verloren. Sie hatten so hohes Fieber, wahrscheinlich Malaria. Mein Mann und ich gaben unser ganzes Geld für Medizin aus, wir verkauften alles, was wir verkaufen konnten. Dann brachten wir die Kinder ins Krankenhaus nach Kouango. Doch bald schon hatten wir kein Geld mehr für die Medikamente und um die Behandlung zu bezahlen - deshalb sind sie gestorben", sagt Frau Lokobo und starrt auf den sandigen Boden zwischen ihren Füßen.
"Wenn er ein Mädchen gewesen wäre, dann hätte es Marceline geheißen"
Seit es die mobile Caritas-Klinik gibt, werden die verbliebenen Kinder, wenn sie an Malaria erkranken, von der Caritas behandelt. Für Kinder und schwangere Frauen sind Behandlung und Medizin kostenlos. "Wenn sie großes Glück haben, überleben die anderen sieben Kinder von Frau Lokobo", hofft Kévin Mandakone, der Chef der mobilen Klinik.
Benannt wurde Régis übrigens nach einem gleichnamigen Caritas-Mitarbeiter, der am Tag der Geburt ebenfalls zugegen war. "Wenn er ein Mädchen gewesen wäre, dann hätte er Marceline geheißen", sagt Frau Lokobo und blickt die Hebamme schüchtern an.
"Dank der Caritas geht es den Menschen hier besser. Jetzt haben die Menschen die Möglichkeit, ihre Babys einigermaßen sicher auf die Welt zu bringen, und so vielen Kindern geht es besser. Dafür danke ich der Caritas von ganzem Herzen", sagt sie noch. Dann fährt das Team der Caritas schon weiter ins nächste Dorf.
Kim Nicolai Kerkhof war in der Zentralafrikanischen Republik, um die mobile Klinik zu begleiten. Dort hat er Geneviève Lokobo und ihren Sohn Régis getroffen und ihre Geschichte aufgeschrieben.