Äthiopien: Nothilfe in Nordäthiopien
Im November 2020 eskalierte der Konflikt zwischen den TPLF-Rebellen und äthiopischen Regierungstruppen in der Provinz Tigray in Nordäthiopien. Wenig später weitete sich der brutale Konflikt auch auf die Nachbarregionen Amhara und Afar aus. Seitdem sind hunderttausende Menschen vor den Kämpfen geflohen, teils in die Regionalhauptstadt Mekele, aber auch in Nachbarländer wie den Sudan. Die Kampfhandlungen haben Ernten zerstört und es gibt kaum noch Saatgut, das ausgetragen werden kann. Viehbestände werden geplündert. Hinzu kommt eine extreme Dürreperiode. Die Menschen hungern. "Tigray steckt bereits mitten in einer humanitären Krise", sagt Patrick Kuebart, Äthiopien-Referent bei Caritas international. "Wir müssen jetzt sofort helfen!"
Grafik: Caritas international
Gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen leistet Caritas international humanitäre Nothilfe in der umkämpften Region. Zunächst beschränkten sich die Hilfsaktionen auf die Region Tigray. Mit Ausweitung des Kriegs bauten unserer Partner die Hilfen jedoch aus und erreichen nun auch Menschen in Amhara und Afar - darunter viele Kriegsflüchtlinge. Seit Beginn des Konflikts haben wir 360.000 Menschen mit Hilfsgütern versorgt.
Die äthiopischen Partnerorganisationen von Caritas international verteilen Lebensmittel und Saatgut an Bedürftige oder organisieren Wassertransporte in abgelegene Gebiete. Zusätzlich zum Krieg leiden die Menschen in Äthiopien unter der extremen Trockenheit. Trinkwasserlieferungen sind für sie überlebenswichtig. 30.000 Kriegsbetroffene bekamen zudem Bargeld ausgezahlt, damit sie auf den lokalen Märkten einkaufen können, sofern diese stattfinden können. Doch all diese Maßnahmen reichen nicht aus: "Der Bedarf an Hilfsgütern und unterstützenden Maßnahmen ist weiterhin immens. Es droht eine Hungersnot, wenn wir die Hilfen nicht schnell aufstocken können", mahnt Äthiopien-Experte Patrick Kuebart.
Helfen ist in der derzeitigen Situation allerdings nur eingeschränkt möglich. Der bewaffnete Konflikt hält in vielen Gebieten an. Immer wieder sind die Zugänge für Hilfslieferungen nach Tigray durch die kriegerischen Auseinandersetzungen erschwert oder die Kommunikation ist unterbrochen. Es gibt nur eine einzige Straße, über die Hilfe in die Region kommen kann, und die wird streng kontrolliert. "Wir bereiten uns täglich darauf vor, die Hilfen sofort auszuweiten, sobald sich entsprechende Möglichkeiten bieten", versichert Kuebart. Caritas international habe gute Voraussetzungen, schnelle und wirksame Hilfe in Nordäthiopien zu leisten. "Wir sind bereits sehr lange vor Ort aktiv und unsere Partner sind fest in der Gemeinde verwurzelt. Sie kennen die Menschen und werden an ihrer Seite bleiben."
Um schnell reagieren zu können und möglichst viele Menschen zu erreichen, sind die Partnerorganisationen in Nordäthiopien weiterhin dringend auf Spenden angewiesen.
Experte erklärt den Konflikt und die Caritas-Hilfe
Langfristig Hilfe leisten
Viele Menschen sind seit dem Ausbruch des Konflikts aus Tigray und den angrenzenden Regionen geflohen oder wurden gewaltsam vertrieben. Manche schafften es über die Grenze in den Sudan, die meisten sind jedoch inzwischen Vertriebene im eigenen Land. Allein in Nordäthiopien leben Schätzungen zufolge derzeit über zwei Millionen sogenannte Binnenvertriebene. Viele von ihnen sind Landwirte. Durch die Flucht haben sie ihre Lebensgrundlage verloren. Caritas unterstützt die Geflüchteten: Vor allem alleinerziehende Mütter, Schwangere und Kinder. Die Hilfsmaßnahmen gehen über akute Nothilfe hinaus: Die Betroffenen werden Saatgut bekommen, um wieder Ackerland bestellen und Nahrungsmittel wie beispielsweise Hirse anbauen zu können. Auch ist geplant, Schafe und Ziegen zu verteilen, sobald dies möglich ist, damit sich die Menschen selbst versorgen und wieder ein neues Leben aufbauen können. Selbst wenn der Krieg hoffentlich bald beendet wird, der enorme Bedarf an Hilfe wird bleiben.
"Wir können nicht zum Unterricht - fast alle Lehrer sind geflohen." Damit Haileselase (links im Bild) ist zehn Jahre alt und würde gerne zur Schule gehen. Dort ist leider nur kein Lehrpersonal mehr. Die Lage der Kinder in Tigray ist besorgniserregend. Viele sind mangelernährt.
Zur Situation
Nachdem in Tigray Regionalwahlen abgehalten wurden, die von der Zentralregierung als verfassungsfeindlich angesehen werden, eskalierte der Konflikt. Im November 2020 kam es zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen der Tigray People’s Liberation Front (TPLF) und der äthiopischen Zentralregierung. Auch von Massakern wird berichtet.
Die Bevölkerung in Tigray lebt weiterhin in der Angst, zwischen die militärischen Fronten zu geraten. Die Versorgungslage ist verheerend. Die Internet- und Telefonverbindungen nach Tigray sind weitgehend gekappt und Zufahrtsstraßen blockiert. Nahrungsmittel sind knapp, ebenso medizinische Güter. Die UN und andere humanitäre Akteure appellieren an die Konfliktparteien, humanitäre Korridore zu öffnen, um die Versorgung der Bevölkerung in Tigray zu gewährleisten.
Mehr zum Hintergrund des Konflikts hier: