DR Kongo: Hilfe für Binnenflüchtlinge in Nord-Kivu
Die seit Jahrzehnten anhaltenden Kämpfe zwischen den bewaffneten Gruppen im Osten des Landes haben mehrere Million Vertriebene hinterlassen, vor allem in Nord-Kivu. Die Zahl der intern Vertriebenen im Kongo stieg auf über mehr als fünf Millionen. Allein in der ersten Jahreshälfte 2020 hätten nach Informationen der UN-Organisation World Food Program WFP über eine Million Menschen im Kongo ihre Heimat verloren. Zur den kriegerischen Auseinandersetzungen kommen Krankheiten wie Malaria, Cholera, die Ebola - und jetzt die Corona-Pandemie, die das Leben der Menschen bedrohen. Millionen Menschen in der Demokratischen Republik Kongo droht nach Angaben der Vereinten Nationen der Hungertod.
Über 13 Millionen Menschen sind dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen
Zivilisten sind die Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten KongosIsabel Corthier
Nach Angaben der Vereinten Nationen seien mehr als 8,6 Millionen Menschen im Kongo auf Nothilfe angewiesen. Der humanitäre Bedarf ist enorm. Dürre, Überschwemmungen und Schädlingsbefall, sorgten auch dieses Jahr wieder für Ernteausfälle in weiten Landesteilen. Zusätzlich ist das Einkommen der Menschen durch die Corona-bedingten Bewegungsbeschränkungen betroffen.
Binnenvertriebene sind von der misslichen Lage besonders betroffen. Insbesondere in der Provinz Nord-Kivu sind staatliche Versorgungsstrukturen, zum Beispiel im Gesundheitsbereich, quasi nicht vorhaben. Wer jahrelang in Flüchtlingscamps gelebt hat, ist häufig mittellos. Überall fehlen soziale Einrichtungen wie Gesundheitsstationen und Schulen oder funktionierende Märkte. Die Infrastruktur wie Straßen und Wasserversorgung sind lückenhaft. Und immer wieder sorgen Attacken von Rebellengruppen dafür, dass Menschen im Ostkongo aus ihrer Heimat oder sogar aus den provisorischen Camps flüchten müssen.
Einige kehren aber auch wieder in ihre Heimatorte und Dörfer zurück, sofern diese wieder sicherer erscheinen und länger keine Kampfhandlungen erfahren haben. In den Orten Bweru, Kivuye, Mpati, Nyange, Kitso, Bibwe und Kalengera, in der Region Masisi, unterstützt Caritas Goma die Rückkehrenden, aber auch die Gemeinden, die sie aufnehmen mit einem vielseitigen Ansatz:
Multisektoral denken - vielseitig helfen
Viele der Rückkehrenden stehen vor dem Nichts; Das Wichtigste, was sie brauchen, um nicht an Schwäche und Infektionskrankheiten zu leiden, sind Nahrungsmittel. Mit einem Ansatz der multisektoralen Ernährungssicherung denkt die Caritas Goma hier langfristig: Mithilfe von Gutscheinen können die Menschen Nahrungsmittel zu erwerben, zudem fördert die Caritas landwirtschaftliche Aktivitäten; sie befähigt die Rückkehrenden beispielsweise ihrer Felder wieder zu bestellen und hilft bei dem Aufbau einer neuen Existenz - mit Kühen und Ziegen, mit Organisationsentwicklung und Straßenbau.
Ein weiterer wichtiger Schritt zu einer produktiven Landwirtschaft ist die Gründung von Bauernkooperativen. Mit 20 Kühen, 80 Ziegen, 5 Stieren und Lehrmaterialien ausgestattet, tragen diese Zusammenschlüsse dazu bei, die Ernährung ihrer Mitglieder zu sichern. Die gemeinsame Planung und geteilte Verantwortung zwischen Rückkehrenden und in denjenigen, die in den Dörfern zurückgebliebenen waren, sind Teil dieses sozialen Wiederaufbaus. Zudem nehmen 5.500 Haushalte an Vorkehrungen zum Erosionsschutz teil. Die Familien erhalten zu diesem Zweck Saatgut für Obstbäume, Weidegras und Hülsenfruchtbäume, die den Boden stabilisieren, Erosion verhindern und zugleich Futter für die Tiere liefern sollen.
Auch die Restaurierung von Straßen sind Teil des vielseitigen Ansatzes. "Ohne Zugang zum Markt kann die Versorgung in den Dörfern nicht funktionieren", erklärt Abbé Oswald Musoni, Direktor der Caritas Goma, bei seinem jüngsten Besuch in Freiburg. Denn ohne funktionierende Wege sei der Austausch von Waren, landwirtschaftlichen Produkten und auch Dienstleistungen in den abgelegenen Gegenden kaum möglich. Ein 45 Kilometer langer Straßenabschnitt zwischen Misinga, Bweru und Bibwe sowie zwei auf dieser Strecke liegende Brücken wurde restauriert.
Ein weiterer Bestandteil des Projekts: Bildung. Mit Unterstützung der Caritas Goma wurden drei Grundschulen und zwei Sekundarschulen am Straßenkreuz Misinga/Bweru/Kivuye wieder aufgebaut und mit Möbeln und Schulmaterial ausgestattet. Viele Kinder sind seit Jahren nicht mehr in die Schule gegangen, für ihre Zukunft und die ihrer Familien ist das soziale Leben und das Lernen in der Schule ein hoffnungsvoller Schritt in den Frieden.
Friedliches Miteinander fördern
Wer langfristig in einer Krisenregion den Frieden fördern will, muss langfristig und vielseitig denken - über Nothilfe hinaus. Deswegen unterstützt die Caritas Goma Seminare, in denen Dorfvorsteher und Sozialarbeiter/innen, Lehrer/innen und Gesundheitspersonal in Methoden zur gewaltfreien Konfliktlösung geschult werden. Ziel ist ein friedliches Zusammenleben zwischen Rückkehrenden und Aufnahmegesellschaft und das Vorbeugen von Streitigkeiten, die bei der Rückkehr entstehen können. Die Gründung von acht lokalen Friedenskomitees wird weiter gefördert und 60 Personen in Rechtsberatung sowie in der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen geschult.
Die Zufahrt zu entlegenen Dörfern wird wieder geöffnet, damit Personen und Waren zirkulieren können. Bente Stachowske
Unser Vorteil: Ein verlässlicher Partner
Im Kongo zu arbeiten, ist sehr gefährlich. Im Gegensatz zu vielen ausländischen Organisationen, die die Provinz Nord-Kivu aufgrund der angespannten Lage zwischenzeitlich verlassen hatten, ist die lokale Caritas jedoch ununterbrochen in Goma präsent. Seit langem gehört sie in der Region zu den wichtigsten und angesehensten humanitären Organisationen - auch dank der kontinuierlichen Unterstützung durch den Deutschen Caritasverband mit seinem Hilfswerk Caritas international. "Das Caritas-Büro mit seinen rund 60 Mitarbeitern blieb zum Glück von den Angriffen verschont", berichtet der Direktor der Caritas in Goma, Abbé Oswald Musoni. Die wichtigste Voraussetzung, um schnelle Hilfe für die Bevölkerung leisten zu können.
Dieses Projekt wird mit Mitteln vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland unterstützt.
Neben der unmittelbaren Hilfe für die Vertriebenen im Kongo unterstützt Caritas international Projekte für ehemalige Kindersoldaten.