Maysoon Hamdi Obaid ist dankbar. Ihr Leben hat sich grundlegend verändert, seit die Caritas hineingetreten ist. Dabei hatte sie früher ein sehr gutes Leben. Mit ihrem Mann und ihren drei Kindern wohnte sie in Saqlawiyah in der Nähe von Falludscha im Zentralirak. Trotz der Gewalt, die das Land seit Jahren überzieht, konnten sie friedlich in der ländlichen Region leben. Doch dann kam das Jahr 2014 und mit ihm die Terrorgruppen des islamischen Staats, die das Land überrollten. Sie bombardierten die Städte und Dörfer, zerstörten die Häuser, verbrannten die Ernten und Felder, stahlen das Vieh, verschleppten und töteten die Männer. Auch der Mann Maysoon Hamdi Obaids fiel dem Terrorsturm zum Opfer.
„Mein Mann arbeitete für die Regierung“, erzählt sie. „Er musste kämpfen, als der IS kam. Sie griffen ihn an, er wurde erschossen.“ Für Maysoon Hamdi Obaid änderte das alles. Die ländliche Gegend ist sehr traditionell sunnitisch. Eine Frau ohne Mann hat es schwer – wirtschaftlich und gesellschaftlich. Das Haus war zerstört, das Familieneinkommen fehlte von einem Tag auf den anderen, soziale Sicherungssysteme gibt es im Irak kaum. Obaid musste mit ihren drei Kindern in ein Vertriebenencamp. Zwei Jahre harrte sie dort aus, doch dann wollte sie zurück.
„Als ich zurückkam, stand ich vor dem Nichts. Mein Haus war nicht mehr da, aber als Frau kann ich nicht in einem Zelt leben, also zog ich zuerst zu den Nachbarn. Am Anfang ging es um das reine Überleben.“ Über die Gemeindeversorgerinnen der Caritas, die in der geschundenen Region buchstäblich von Tür zu Tür gehen, fand sie Hilfe. „Zuerst hat mich die Caritas dabei unterstützt, das Haus wieder aufzubauen“, erzählt sie, „die Küche, ein zusätzliches Zimmer. Sie haben mein Leben gerettet. Ich hatte nichts, bevor die Caritas kam.“ Die Caritas Irak hat die vertriebenen Familien von dem Moment an unterstützt, als sie in ihre Heimat zurückkamen, vor allem Frauen mit ihren Kindern. Die Männer waren tot oder verschwunden.
„Die Situation der Familien war sehr schwierig zu der Zeit“, berichtet Osama Yousif, der Projektmanager der Caritas Irak in Saqlawiyah. „Alles war vom IS zerstört. Die Kinder konnten nicht mehr zur Schule gehen. Sie haben große Bildungslücken. Als der IS hier war, mussten sie auch seine Ideologie lernen. Diejenigen, die in Vertriebenenlagern waren, konnten auch nach der Rückkehr nicht lernen, weil sie so viel verpasst hatten oder durch ihre Arbeit die Familie unterstützen mussten.“ Und viele Jungen im Teenageralter fanden sich plötzlich in der Position des Haushaltsvorstands wieder, der üblicherweise männlich ist. Die Mitarbeitenden der Caritas haben sich als erstes dieser jungen Männer angenommen und sie unterrichtet, ihre Häuser mit Unterstützung wieder selbst aufzubauen. „Das hat ihnen viel Selbstbewusstsein wiedergeben“, sagt Osama Yousif.
Aber natürlich bleibt die Caritasarbeit nicht beim Wiederaufbau stehen. Frauen wie Maysoon Hamdi Obaid haben eine Kuh oder ein Schaf erhalten und können Kurse besuchen, um sich damit ein kleines Geschäft für Milchprodukte aufzubauen. So können sie für ihre Familien sorgen. Darüber hinaus bietet die Caritas Irak psychosoziale Unterstützung für Frauen, Kinder und Teenager, die alle viel Gewalt erlebt haben und versuchen, sich wieder in ein normales Leben einzufinden. Auch Maysoon Hamdi Obaid und ihre Kinder haben an diesen Kursen teilgenommen. „Als ich hierher zurückkam, war alles in mir dunkel“, berichtet sie. „Aber jetzt weiß ich, dass das Leben immer noch gut ist und es noch vieles gibt, für das es sich lohnt zu leben. Ich habe meinen Glauben an die Menschlichkeit zurückbekommen.“