Die Humanitäre Hilfe wächst mit den Katastrophen
Die Humanitäre Hilfe wächst mit den Katastrophen
Mehr als 3.700 Katastrophen, die durch Naturgefahren verursacht wurden, wurden in den letzten 10 Jahren registriert, mehr als eine täglich. Davon wurden 84,2 Prozent durch wetterbedingte Ereignisse ausgelöst, von denen 1,9 Milliarden Menschen betroffen waren.
Naturkatastrophen nehmen auch laut einem neuen Bericht der UN von 2018 drastisch zu - und mit ihnen die Schäden, die sie verursachen. Zwischen 1997 und 2017 starben demnach weltweit 1,3 Millionen Menschen an den Folgen. 4,4 Milliarden Menschen erlitten Verletzungen oder verloren ihre Lebensgrundlage. Das Uno-Büro für Katastrophenvorsorge (UNISDR) veröffentlicht jährlich neue Zahlen - Tendenz der Opfer: steigend.
Wir sind nicht ohnmächtig gegenüber Katastrophen
Erdbeben, Stürme, Dürren und andere Naturkatastrophen bringen Not und Leid über ganze Landstriche. Und sie hinterlassen angesichts gewaltiger Zerstörungen bei den betroffenen Menschen Gefühle der Angst und der Ohnmacht, bei den Außenstehenden des Mitleids und der Hilfsbereitschaft. Doch auch wenn uns die großen Katastrophen zuweilen die Grenzen menschlicher Macht aufzeigen: Wir sind ihnen nicht schicksalhaft ausgeliefert. Wir können durch den Bau von Dämmen, von Bewässerungssystemen oder von stabilen Gebäuden die Katastrophengefahr reduzieren. Wir können Frühwarnsysteme aufbauen, Rettungspläne erstellen und diese mit den Menschen einüben. Wir können durch Katastrophenvorsorge insgesamt die Gefahren für die Menschen mindern und sie befähigen, sich selbst zu schützen. Wir sind gefordert, das Mögliche zu tun, um menschengemachte Katastrophen zu verhindern. Wenn Wälder gerodet werden, dadurch Hänge abrutschen und Wassermassen ungebremst in die Täler stürzen, dann können wir kaum mehr von Naturkatastrophen sprechen.
Auch die steigende Zahl klimabedingten Katastrophen ist eine Folge menschlichen Handelns. Die durch den stetig wachsenden Ausstoß von Kohlendioxid forcierte Klimaerwärmung führt zu einem Anstieg von Extremwettern wie Tropenstürmen, Starkregen und langanhaltenden Dürren. Nach wie vor fehlt es an finanziellen Mitteln und am politischen Willen, um weltweit wirksamen Klimaschutz und effektive Katastrophenvorsorge voranzutreiben.
Armut macht verwundbar
Die Ärmsten der Gesellschaft sind besonders gefährdet. Denn oft wohnen sie in prekären Unterkünften auf unsicherem Gelände, sei es in Flussbetten oder an steilen Hängen. Viele arme Menschen können sich nur einseitig ernähren, haben keine Vorräte und keine Reserven. Der Zugang zu Trinkwasser ist knapp. Im Katastrophenfall sind sie oft in ihrer Bewegung stark eingeschränkt und können sich nicht aus der Gefahrenzone bewegen. Gerade Kinder und Menschen mit Behinderung sowie alte Menschen sind betroffen. Damit steigt das Risiko, von einer Flut, der Dürre, einem Erdbeben oder Tsunami getroffen zu werden.
Mit der Verwundbarkeit steigert das Risiko
Umgekehrt erhöht fehlendes Wissen über Schutz und fehlende Beweglichkeit das Risiko, von Katastrophen getroffen zu werden. Insbesondere schleichende Katastrophen wie langzeitige und mehrmals aufeinanderfolgende Dürren oder Fluten machen die Menschen Arm.
Wer einmal sein Haus verloren, die Ernte eingebüßt oder das Vieh verloren hat, wer seinen Wohnort verlassen musste oder über lange Zeit in einer Notunterkunft lebt, hat mit weiteren Einschränkungen zu rechnen: oft können Kinder auf Jahre nicht in eine reguläre Schule gehen, ihre Bildungschancen sinken. Betroffene finden keine Arbeit und brauchen ihr Erspartes auf.
Gestärkte Widerstandskräfte mindern Armut und Anfälligkeit
Daher will die Katastrophenvorsorge Menschen auf künftige Katastrophen bestmöglich vorbereiten. Wer weiß, wie er sich und seine Familie schützen kann, reduziert zumindest das Risiko, das Leben zu verlieren oder von einer Naturkatastrophe hart getroffen zu werden.
Schwere Erdbeben oder Wirbelstürme hinterlassen oft große Not und schwere Zerstörung. Beispiele dafür sind das Erdbeben 2010 in Haiti und 2015 in Nepal, der Monsun in Mosambik 2019, der Hurrikan 2016 auf Haiti oder der Taifun auf den Philippinen 2013. Gut organisiert, schnell und effizient muss die Hilfe sein, um nach einer Katastrophe Leben zu retten.
In der Nothilfe geht es zuerst darum, Leben zu retten – wenn Bergungsteams nach Vermissten suchen, Notärzte sich um Verletzte kümmern oder Lebensmittel verteilt werden. Doch auch die akute Nothilfe muss schon nachhaltig angelegt sein, die Betroffenen einbeziehen und die Grundlagen herstellen für den Wiederaufbau. Besonders betroffen von Katastrophen sind immer die Menschen, die schon vorher zu den Schwächsten der Gesellschaft gehörten. Sie zu stärken, ist die Aufgabe von Caritas international.
Katastrophenvorsorge bereitet Menschen in Risikogebieten besser auf künftige Naturkatastrophen vor. Das Ziel: Leid verhindern, bevor es geschieht. So kann im besten Fall verhindert werden, dass Stürme, Erdbeben, Waldbrände, Vulkanausbrüche, Dürren, Tsunamis oder Taifune zu humanitären Großkatastrophen werden.
Katastrophenvorsorge und Katastrophenhilfe sind aufs Engste verzahnt und werden aufeinander abgestimmt.
Es gibt viele gute Gründe, bei der Katastrophenvorsorge sorgsam, gründlich und mit ganzer Leidenschaft vorzugehen. Wir versetzen Menschen in die Lage, selbst Vorsorge zu treffen und sich nicht nur vor einer abzeichnenden Naturkatastrophe schützen zu können, sondern auch vor zukünftigen Bedrohungen. Die Caritas vertritt die Meinung, dass die Vorsorge bei den Betroffenen vor Ort ansetzen muss, um deren Schutzmechanismen zu stärken. Denn es geht um die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Schwächsten, die von Katastrophen am meisten betroffen sind.
Eine nachhaltige Katastrophenvorsoge beginnt mit einem würdevollen Umgang miteinander. Nachhaltig ist Katastrophenhilfe funktioniert besser, wenn Menschen keine Opferrollen zugeschrieben werden,sondern sie als selbstwirksame Akteure an der Strategie der Hilfe und der Vorsorge teilhaben. Daher arbeiten wir in unseren Projekten darauf hin, die Menschen vor Ort vorinformiert in Entscheidungsprozesse aktiv einbinden und mehr Entscheidungen treffen und tragen lassen. Denn ein starkes Gemeinwesen fördert Sicherheit und minimiert Risiken.
Caritas international verfolgt einen Weg, der dem sozialräumlichen Ansatz folgt, die Betroffenen und lokalen Verwaltungsstrukturen eng einbezieht und die Hilfe mit lokalen Partnern vor Ort umsetzt. Der flexible Umgang mit finanziellen Hilfen kann zum Schlüssel für mehr Sicherheit für alle werden.
Jeder Euro, der in die Vorsorge investiert wird, kann Leben retten. Und jeder Euro, der in die Vorsorge investiert wird, spart Geld für die viel kostspieligere Katastrophenhilfe. Nicht zuletzt gehören Prävention und Risikoreduzierung explizit zum Mandat der Humanitären Hilfe.
Sämtliche Aktionen der Katastrophenvorsorge und Katastrophenhilfe sind verbunden mit den Zielen, die Eigenverantwortung und Selbstständigkeit der Menschen zu stärken, Benachteiligungen abzubauen sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen und öffentlichen Leben zu ermöglichen, um so Chancengerechtigkeit zu realisieren.
- Die Katastrophenhilfe hat sich im Laufe der letzten 50 Jahre durch Expertise und Erkenntnisse weiterentwickelt. Eine Debatte um Standards und Prinzipien war wichtig, um Kriterien zu entwickeln, was eine gute Hilfe ausmacht. Zugleich sieht gute Hilfe in jeder Notlage etwas anders aus, denn sie ist an die lokalen Gegebenheiten und Bedürfnisse angepasst. Man muss sich vor Ort gut auskennen,um helfen zu können.
- Das Partnerprinzip macht die Katastrophenhilfe der Caritas effektiv und nachhaltig. Seit über 50 Jahren leistet Caritas international Not- und Katastrophenhilfe, die auf die konkreten Bedürfnisse der Bedürftigen zugeschnitten ist.