Mehr als 80 Prozent der Nutztiere sind in der verheerenden Dürre der letzten Jahre verendet. Als dann der lang ersehnte Regen kam, fiel dieser so heftig aus, dass er zu starken Überschwemmungen führte. Die wenigen Nutztiere, die die Dürre überlebt hatten, ertranken in den Fluten.
"Alles ist grün, aber kein Tier kann sich daran weiden!”, sagt Tuku Demphe Gabale. Sie steht vor ihrer Hütte und hält ihr Neugeborenes auf dem Arm. Auch ihre Tiere sind in den Dürrejahren verendet. Nun bleibt der Äthiopierin nichts anderes übrig, als konsterniert auf die blühende Landschaft zu schauen.
Schwangere und stillende Frauen fallen schnell in die Mangelernährung
Vor einigen Wochen wurde bei der jungen Mutter eine Mangelernährung festgestellt. Sie war gerade mit ihrem Kind schwanger. Die vorherigen Schwangerschaften liefen problemlos, "aber man braucht als Schwangere einfach mehr Kraft. Und die habe ich gerade nicht.", sagt Tuku Demphe Gabale. Die Geburt ihres Kindes hätte sie fast das Leben gekostet.
Die Mutter erzählt, dass Ernährungsbeauftragte vom Staat regelmäßig in ihr Dorf kämen und den Menschen erklärten, was sie gegen die Mangelernährung tun könnten. "Aber ich kann mir die Nahrungsmittelrationen, die sie uns raten, nicht leisten und ich schaffe es auch nicht, die 20 Kilometer in das nächste Gesundheitszentrum zu laufen", sagt Tuku Demphe Gabale resigniert.
Am liebsten würde sie sich wieder Ziegen und Schafe kaufen, ihre Kinder mit deren Milch füttern, und in den Viehhandel einsteigen, aber dafür fehlt ihr das Geld. Die Preise für Nutzvieh sind wegen der dürrebedingten Knappheit auf dem Markt rapide in die Höhe geschossen.
Bliebe noch der Ackerbau. Dieser ist bislang in der Region nicht üblich – die Familien im Süden Äthiopiens leben normalerweise als Nomaden und ziehen mit ihrem Vieh umher. Nun sind sie dennoch bereit, ihren Lebensstil zu ändern und Felder zu bestellen. Ein großer kultureller Umbruch. Für die Landwirtschaft bräuchten sie erst einmal das nötige Wissen zu klimagerechtem Ackerbau, geeignetes Land und die finanziellen Mittel für einfaches landwirtschaftliches Gerät, einen Pflug oder dürreresistentes Saatgut. An all dem mangelt es.
„Ich war lange sehr verzweifelt“, sagt Tuku Gabale. „Ich wusste nicht, ob meine Kinder und ich das überleben.“ Doch unser Partner, die Hilfsorganisation PACIDA konnte ihr in ihrer Not helfen. „Sie haben uns Maismehl, Bohnen, Öl und Gemüse gebracht“, erzählt Tuku Gabale. Das erste Mal seit langem habe sie gemerkt, wie ihre Kräfte langsam zurückkehrten.
Wir unterstützen die Nothilfe von PACIDA seit vielen Jahren. Während die Hungerkrise in Äthiopien international wenig Aufmerksamkeit erlangt, schauen wir hin und versuchen unser Möglichstes, um den Menschen zu helfen.
Mehr als 170.000 Menschen in der Region Borena leiden unter Nahrungsmittelunsicherheit. Sie sind komplett auf Hilfe angewiesen und vertrauen auf die Unterstützung von NGOs wie unserem Partner PACIDA. Sie sind die einzigen, die noch vor Ort sind – der Staat hat sich mit dem ersten Regen wieder zurückgezogen. Doch die Dürre hat über ganze Landstriche hinweg alles genommen.
Die Tiere sind tot, die Inflation hoch und der Lebensmittelmarkt ist wie leergefegt. Alles wurde teurer. So kann aktuell nicht jeder Haushalt mit Nahrungsmitteln unterstützt werden. Hilfe erhalten zuerst diejenigen, die sie dringend brauchen. Mütter wie Tuku Gabale, die unterernährt sind aber noch stillen müssen, zum Beispiel. Oder Familien mit Neugeborenen und älteren Menschen, die besonders schnell in die Mangelernährung fallen.
Auch wenn sie selbst die Nahrung dringend nötig hätte, teilt Tuku Gabale ihr Paket immer wieder mit ihren Nachbarn.
Unsere Gemeinschaft ist uns das Wichtigste, sie hält uns am Leben. Wenn ich krank bin, sehen meine Nachbarn nach meinen Kindern, wenn ich traurig bin, trösten sie mich. Deshalb werde ich immer mein Essen mit meinen Nachbarn teilen.
Tuku Gabale
Mithilfe von Spenden können wir mit PACIDA noch mehr Menschen wie Tuku Gabale helfen. Mit Ihrer Unterstützung weiten wir die Nahrungsmittelhilfen stetig aus.
Doch PACIDA verteilt nicht nur Nahrungsmittel, sondern hilft den Menschen in der Borena Zone auch dabei, sich wieder eine Existenz aufzubauen und Hoffnung zu schöpfen. Hierfür verteilen die Helfer_innen Nutzvieh an die Kleinbauern, die in der Dürre oder durch die Fluten alles verloren haben. Bisher erhielten rund 500 Familien je fünf Ziegen oder Schafe, die der Grundstock für eine neue, eigene Herde bilden sollen. Schon in sechs Monaten können die ersten Ziegen Milch geben und viele Kinder ernähren.
Wir möchten gemeinsam mit PACIDA noch mehr Ziegen und Schafe verteilen. Mit Nahrungsmitteln und speziellem Nahrungspulver schenken wir gemeinsam neue Hoffnung.
Die Dürre und das Wasser
Knapp eine Million Menschen leben in der Borena Zone, einem Verwaltungsdistrikt im Süden Äthiopiens. Sie alle hat die verheerende Dürre 2020-2023 schwer getroffen. Fast 80 Prozent aller Nutztiere starben, viele Kleinbauern haben damit all ihren Besitz verloren. Vor allem für die Nomaden in Borena war die Dürre ein herber Schlag.
Sie bestreiten ihren kompletten Lebensunterhalt mit dem Verkauf und dem Halten von Vieh und stehen jetzt vor dem Nichts. Sie können es sich nicht leisten, eine neue Herde aufzubauen, denn die Preise für Jungvieh sind inflationär gestiegen, weil es so wenig auf dem Markt gibt.
Nun, da es endlich wieder geregnet hat, hat sich zumindest klimatisch so etwas wie Normalität eingestellt. Doch die Tiere werden dadurch nicht wieder lebendig. Und so sind mehr als 30.000 Haushalte immer noch völlig mittellos. Die grünen Wiesen bedeuten für sie keine Erleichterung, denn sie haben keine Tiere, die sich an dem Gras sattessen können. Mehr als 170.000 Menschen sind damit weiterhin komplett auf Nahrungsmittellieferungen von Hilfsorganisationen abhängig.